Da meine Fragen im Disney Fan Forum nicht beantwortet wurden, versuche ich es hier mal: 1)Wie kommt Barks nur auf diese verrückte Idee mit einem Papagei, der Bananenkisten zählt? Und dann noch drei Tage im Rückstand ist?? 2)Der Wutausbruch der Frau, die Donald mit einem Fisch schlägt, ist so schön gezeichnet, dass er es auf den Einband von "Barks Donald Duck Band 6" geschafft hat – könnte es sein, dass Uderzo hier für seinen Fischhändler geklaut hat?! 3)Nachdem die Einbrecher nun ihrerseits Opfer des Zählzwanges werden, schnappen in einer filmreifen Einstellung die Handschellen der vom Hexenschuss Geplagten zu. Aber: Warum werfen sie eigentlich zwei Münzen? 4)Am Schluss verzehren die Ducks Pichelsteiner: Was ist das? Da ich eigentlich aus Kaukasien stamme, habe ich den Vorteil, immer mal wieder über (für mich) neue Geschichten aus dem unendlichen Barks-Land zu staunen. Besonders schön fand ich, wie sich die Papageia den liebestollen Mann mit ihrem Fuß vom Leib hält und erst mal reden will (Können Sie mich überhaupt standesgemäß ernähren? -wunderbares Bild und deutsche Übersetzung), der Mann verspricht alles und erschrickt dann vor den acht Kindern und seiner Verantwortung, seine Liebe schrumpft sekundenschnell und er flüchtet unter die Jacke von Donald, denn er hat "Furchtbares durchgemacht". Und noch eine Frage zu der Geschichte „Gefährliches Spiel“ im selben Band 6: 5)Wieso malt Barks uns hier eigentlich so sexy Frauen mit Menschennasen? Wenn diese Fragen schon irgendwo anders beantwortet sind, freue ich mich auf einen Hinweis. Vielen Dank!
Der zählende Papagei

Donald
@donald
Es wurde Barks aus Sittlichkeitsgründen verboten, weiterhin Damen mit reizvollen Details (Brüste) zu zeichnen, ansonsten hätte er uns wohl gerne mehr über sie berichtet.
06.02.2016, 22:43:31

Das Schwarze Phantom
@das_schwarze_phantom
Dazu muß man wissen, daß die Welt von Entenhausen eine Welt voller Verschlüsselungen ist (ohne jetzt im Detail darauf eingehen zu wollen). Jedenfalls gibt es in der Gumpenmetropole massenhaft Bezüge zur orientalischen Kultur, und so ist auch der zählende Papagei quasi eine "Inkarnation des Arabischen". Das ständige Hochzählen von Zahlen ist zum einen eine Anspielung auf die "arabischen Ziffern", zum anderen aber auch eine ironische Überzeichnung des "mechanischen arabischen Lebens". In der arabischen Kultur (resp. im Islam) läuft ja alles sehr "mechanisch" ab - es gibt strenge Gebetsregeln, rigide Moralvorschriften, viele ritualisierte Verhaltensweisen, etc. Dieses "Mechanische" soll der Papagei ausdrücken. Und die Papageiendame mit den vielen Kindern persifliert natürlich sehr schön die hohe Geburtenrate im arabischen Raum. Diese Geschichte bietet im übrigen auch zwei Beispiele für die Übersetzungsprobleme zwischen zwei Kulturen: der amerikanischen und der deutschen. Der Papagei kann ja vom Grundprinzip nur Zahlen aussprechen. Doch bei der Nennung des Verstecks der Ganoven mußte man im Deutschen eine Ausnahme machen. Hier sagt er "Scherbelgasse 20". Im Amerikanischen nennt er die Straßenadresse "2424, 24th". Solche Adressen gibt es in Deutschland nun mal nicht. Und am Ende spendiert Onkel Dagobert "Pichelsteiner und hinterher Obsttörtchen". Im Original sind es "Hamburger" - doch die kannte man in den 70er Jahren hierzulande noch nicht (höchstens in den Großstädten).
07.02.2016, 08:09:07

duck313fuchs
@duck313fuchs
...zu ergänzen ist insoweit, daß Frau Dr. Fuchs diesen Bericht 1973 das zweite Mal ubersetzte in Unkenntnis, daß sie dies schon 1958 getan hatte und in dieser ersten Version ist von "belegten Käsebroten" und nicht von Pichelsteiner die Rede, was auch besser zum Bild paßt. Daran schließt sich natürlich die Frage an, was nun wirklich gegessen wurde.
07.02.2016, 09:30:08

Das Schwarze Phantom
@das_schwarze_phantom
Bei der Übersetzung "Pichelsteiner und hinterher Obsttörtchen" sollte sich der Leser wohl vorstellen, daß Familie Duck bereits beim Nachtisch, also bei den Obsttörtchen, angekommen ist. Das würde dann mit dem Bild einigermaßen übereinstimmen. Die Frage, warum die Einbrecher zwei Münzen werfen, ist durchaus interessant. (War mir noch gar nicht bewußt aufgefallen.) Doch das ist natürlich auch über die arabische Kultur zu erklären, zu der die Gauner ja gehören. Die arabischen Gesellschaften sind Stammesgesellschaften, in denen es weniger um Harmonie und Einigkeit (wie in der westlichen Kultur) geht, sondern eher um Rivalitäten. Da benützt natürlich jeder "seine eigene" Münze. Und auch bei dem Fischweib hat Carl Barks sicherlich auf die arabische Kultur angespielt. Im Orient gibt es ja den Volksglauben vom "Bösen Blick". Das ist eine Art Aberglaube, wonach der Blick eines Menschen magische Kräfte besitzt, durch die einem anderen Menschen Unheil widerfahren kann. Zur Abwehr des "schlechten Auges" bzw. des "bösen Blicks" gibt es bei den Arabern diverse Mittel, beispielsweise einen Fisch. So haben in Tunesien beispielsweise viele Autofahrer einen kleinen Fisch am Rückspiegel hängen, als magischen Schutz vor dem bösen Blick. Der Fisch verkörpert das "Wasserelement" und gilt im heißen Orient als Glücks- und Lebenssymbol. Das Fischweib fühlt sich von Donald intensiv beobachtet (schließlich hat er ja anscheinend ihre Falten genau gezählt) und wehrt sich mit einem Fisch! Der arabische Glaube an das Böse Auge - oder "hassad", wie es im Arabischen genannt wird - hat im übrigen schon mehrfach Eingang in den Entenhausen-Kosmos gefunden. Ich verweise auf Geschichten wie "Der böse Blick" (MM 33-34/71) oder "Verschlüsselte Botschaften" (MM 40/68). Es steht auch im Fokus der Story "Das Auge der Verfolger" (DDT 317) - hier ein Auszug (die kleine Abschweifung sei gestattet): Ein unbedarfter Leser würde den Sinn dieser Geschichte wohl kaum verstehen. Da sieht man wieder mal, wie "orientalisch" Entenhausen eigentlich ist.
07.02.2016, 11:27:00

Anonym
@~anonym~
>eigentlich aus Kaukasien Aus Eriwan, Tiflis oder Machatschkala? Oder gar aus Fuxholzen?
07.02.2016, 11:33:51

timpauli OP
@timpauli
Tatsächlich aus Fuxhausen... Was haltet Ihr denn von folgender Deutung: Der Papagei ist als einzig sprechendes Tier ein beliebtes Element, um Unruhe und Komik zu stiften. Als Kenner der menschlichen Psyche nutzt Barks auch die Neurosen, hier den Zählzwang. Der vereint ja den Papagei mit dem westlichen Kapitalisten Dagobert, der genauso zwanghaft sein Geld zählt und die Möchte-gern-Kapitalisten-Herren-Einbrecher, die genau wegen des Zählens ihres Raubes am Schluss alles wieder verlieren. Ein wunderbarer running gag, der auch noch beim Zählen der Stockwerke (Aus dem 13. Stockwerk fallen ist nicht schlimm- wäre ja Aberglaube) und beim Zählen der Runzeln auftaucht (Huch- wieder eine Falte mehr im Gesicht, ein graues Haar mehr...).
07.02.2016, 14:57:49

Salvatore Speculatio
@salvatore_speculatio
Tatsächlich aus Fuxhausen... Was haltet Ihr denn von folgender Deutung: Der Papagei ist als einzig sprechendes Tier ein beliebtes Element, um Unruhe und Komik zu stiften. Als Kenner der menschlichen Psyche nutzt Barks auch die Neurosen, hier den Zählzwang.
Das habe ich nie anders aufgefasst. Der Papagei zählt nicht rituell oder "zum Spaß". Er zählt zwanghaft. Selbst als er vom Bananenzählen vollkommen erschöpft ist, muss er Kartoffeln zählen. Bei Dagobert sehe ich eher einen Kontrollzwang. Er zählt sein Geld nicht, um zu zählen, sondern um den Bestand zwanghaft zu kontrollieren. Gruß Jens PS: den "13. Stock-Witz" hat Frau Fuchs einem berühmten jüdischen Witz entnommen.
07.02.2016, 17:58:40

Theodora Tuschel
@theodora_tuschel
PS: den "13. Stock-Witz" hat Frau Fuchs einem berühmten jüdischen Witz entnommen.
Oh, bitte bitte: welchem? Diese Geschichte hat stark satirische Elemente. Das zwanghafte Zählen des Papageis genauso wie die herrliche Szene seiner Werbung um die Papageiendame. Wie so oft bei Barks werden hier alltägliche menschliche Konflikte satirsch zugespitzt, komisch überhöht und in scheinbar kindlich-naiv-witziger Form dargestellt.
07.02.2016, 18:53:01

Salvatore Speculatio
@salvatore_speculatio
PS: den "13. Stock-Witz" hat Frau Fuchs einem berühmten jüdischen Witz entnommen.
Oh, bitte bitte: welchem?
New York. Eine Frau hat ihr Techtelmechtel, da hört sie plötzlich Schlüsselrasseln an der Tür. "Oih weh! Mein Mann! Schnell, spring aus dem Fenster!" - "Bist du meschugge? Das ist der 13te Stock!" - "Spring! Jetzt ist ka Zeit für Aberglauben!"
07.02.2016, 23:24:24
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