Von der Fuchskrittelei zur Fuchsschelte

Seite 2 von 6

Profilbild von Coolwater

Coolwater OP

@coolwater

Siehe: Buber, Martin, Zu einer neuen Verdeutschung der Schrift, in: Die fünf Bücher der Weisung, Stuttgart 1992 (10., verbesserte Auflage der Ausgabe von 1954).

Papier ist so was von letztes Jahrtausend. https://jochenteuffel.files.wordpress.com/2020/02/buber-zu-einer-neuen-verdeutschung-der-schrift.pdf

11.07.2023, 16:05:11

Profilbild von Verbrecherischer Kassenwart

Verbrecherischer Kassenwart

@verbrecherischer_kassenwart

Papier ist so was von letztes Jahrtausend.

Und hat Jahrtausende überstanden. Was ist aus 5 1/4 und 3 1/2 Zoll Disketten geworden? Aus VHS-Cassetten? Aus DvDs und USB-Sticks? Ich hab auch schon die eine oder andere Festplatte entsorgen müssen, weil sie ihren Geist aufgegeben hat. V.K. em.

11.07.2023, 19:04:36

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Jaa, natürlich ... aber es gibt inzwischen modernere Ansätze als Martin Buber. Zu unterscheiden zwischen "Übertragung" und "Übersetzung" ist schön und gut und nicht falsch, reicht aber als Grundlage einer Übersetzungswissenschaft nicht aus. Heute geht es nicht mehr um antike Texte, die für Theologen und Altertumswissenschaftler wichtig sind, sondern um interkulturelle und intermediale Phänomene, zu denen auch Comis gehören mit ihrem ausgesprochen hybriden Charakter von Bild- und Textelementen, grafischen Symbolen und Onomatopöien. Wobei die Fragen, die an eine Übersetzung gestellt werden, letztlich immer die gleichen sind: wie treu, wie treffend, wie missverstanden, wie falsch, wie verständlich in der Zielkultur? Wie gut funktioniert der Transfer von der Ausgangs- zur Zielkultur? Da ist Erika Fuchs schon interessant - und die anderen Fuchs-Übersetzer:innen auch.

11.07.2023, 19:40:22

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

> aber es gibt inzwischen modernere Ansätze als Martin Buber Und dann kommt der nächste Paradigmenwechsel. Deine Übersetzerinnenwissenschaft ist ja vermutlich nicht falsch, Damit kann man sich sicherlich hervorragend habilitieren. Für mein Verhältnis zu Erika Fuchs ist das aber so relevant, wie wenn ein Theologe im Oberseminar über einen tanzenden Derwisch in einer Windhose vorträgt. Oder noch ein anderes Beispiel: Ein Paradiesvogel ist eine Ansammlung von Eiweißmolekülen. Was wissen die Chemiker aber von Paradiesvögeln? Garbage in, garbage out.

12.07.2023, 03:33:48

Profilbild von Ostsibirischer Korjakenknacker

Ostsibirischer Korjakenknacker

@ostsibirischer_korjakenknacker

es gibt inzwischen modernere Ansätze als Martin Buber.

Ohne Zweifel. Aber bessere? Hm. Nur als Beispiel: Im Disput um eine gendergerechte Übersetzung des AT … ist es da angebracht, auf die Textversion eines jüdischen Sprachkundigen mit unglaublichem Hintergrundwissen über die jüdische Kultur, die philosophischen Traditionen und Riten zu setzen, oder auf eine junge (pseudo)katholische Theologin, deren deklariertes Erkenntnisinteresse Genderforschung ist…? Worauf ich hinauswill: „moderner“ ist nicht automatisch „besser“.

12.07.2023, 04:21:29

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Worauf ich hinauswill: „moderner“ ist nicht automatisch „besser“.

Habe ich auch nicht gesagt. Aber "moderner" heißt oft: neue Ideen, neue Ansätze, neue und weiterführende Gedanken. Da hat sich in der Übersetzungswissenschaft in den letzten zwanzig, dreißig Jahren viel getan. Im übrigen geht es hier nicht um Bibelübersetzungen und erst recht nicht um Genderforschungsschelte. Es geht um eine Auseinandersetzung mit Kritik an den Duck-Übersetzungen von Erika Fuchs aus außerdonaldistischer Sicht. Auch wenn die Kritik von Alexander Braun in "Alfonz" 3/2023 unnötig polemisch daherkommt, ist sie doch sachlich ernst zu nehmen. Mit dem Einwand, das sei keine Übersetzung, sondern eine Übertragung, macht man es sich allzu leicht. Dieses Argument greift nicht, weil es das große Spektrum der Übersetzungstechnik und Übersetzungskunst zwischen Google Translate und der höchsten Kunst der Lyrikübersetzung auf lediglich zwei Kategorien runterbricht: "Übersetzung - simpel, wortgetreu, kunstlos" und "Übertragung - anspruchs- und qualitätsvoll". Leider eine verbreitete Ansicht. Noch viel einfacher ist es natürlich zu sagen: Die Erde ist flach, und dabei bleibt's, und was andere Leute dazu zu sagen haben, ist ohnehin Müll. Ich halte eine differenzierte, neuere übersetzungswissenschaftliche Forschungen berücksichtigende Kritik der Fuchs-Texte für lohnend. Den inneren oder Wissenschaftlichen Donaldismus berührt das nicht, da sind die Fuchs-Texte sakrosankt. Die Auseinandersetzung mit Fuchs I und Fuchs II ist schwierig genug. Aber außerhalb dieses geschlossenen Denkraumes darf man kritische Fragen an den von Erika Fuchs geschaffenen Textkorpus stellen. Ich wünschte mir nur etwas mehr Sachlichkeit und etwas fundiertere Fachkenntnis.

12.07.2023, 16:51:56

Profilbild von Coolwater

Coolwater OP

@coolwater

Wenn ich mal annehme, dass der Übersetzer pro Tag 3 Seiten abarbeitet (Überlegung und Reflektion muss schon sein) …

Nehmen wir an, so ein Übersetzungsbeamter hockt am Tag acht Stunden lang auf seinem Hintern. Das hieße nach Deiner Rechnung, er ist mit einer Barks-Seite mehr als zweieinhalb Stunden lang befaßt. Kommt das der Wirklichkeit nahe? Ich habe keine Erfahrung im Comicübersetzen, drum frag' ich. Auch wenn die Übersetzung eines Barksberichts mehr Überlegung benötigt als die einer Nullachtfuffzehn-Goofygeschichte – sooo viel ist der Sprechblasentext auf einer Barksseite gewöhnlich nicht, und die Berichte sind im Umfang begrenzt, und die Handlung ist nicht überverwickelt oder gar wirr, wie in manch anderen Werken, so daß man beim Barks keine Zeit damit ver(sch)wenden muß, durchzusteigen, was überhaupt "los ist". Somit könnt' ich mir denken, einer, der eingetaucht ist in seinen Barks, schwimmt doch etwas fixer, wenn er im Barksfluß drin ist. Beim Comicübersetzen kommt freilich hinzu, daß man die Sprechblasen ausmessen muß, um zu wissen, wieviel Platz man hat (die Schrift ist gewöhnlich auch eine andre als in der Urfassung – die Amis, nicht nur der Barks, scheinen ja nix andres zu kennen als handgeletterte Großbuchstaben, derweil in Deutschland zumindest bei Billigheftchen Großkleinmaschinenschrift noch immer trumpft), und dies ist eine nervige Arbeit, die man am besten nebenbei beim Fernsehen tut – so haben's vor Jahren Ehapa-Übersetzer berichtet. Aber, keine Ahnung, vielleicht schreiben die heut am Bildschirm gleich in die Sprechblasen rein. Irgendwann sollte die "Rationalisierung" ja einziehen …

12.07.2023, 21:52:07

Profilbild von Coolwater

Coolwater OP

@coolwater

Speziell bei "Land of the Pygmy Indians" frage ich mich, warum sie auf jegliche historische und literarische Anspielung auf Hiawatha und Longfellow verzichtet hat. Nicht erkannt? Oder meinte sie, das würde in Deutschland in den 1950ern niemand kennen?

Vielleicht auch gar nicht gekannt. Die englische und amerikanische Literatur ist reich, und die Fuchs kannte da gewiß viel, aber nicht alles. Kennerin der englischen und amerikanischen Literatur war sie ja sozusagen nur im Nebenberuf. Davor kam erst mal die – gleichfalls reiche – deutsche Literatur. Wenn man sich entschließt, Kenner der slowenischen oder färöischen Literatur zu werden, schafft man's vielleicht, alles zu lesen, was groß und bleibend ist. Aber deutsche Literatur plus englisch-amerikanische Literatur und dazu noch einen auf Kunstgeschichte machen – da reicht ein Leben nicht, "alles" mitzunehmen. Ich hab' mal ein Interview mit Fritz Raddatz gelesen, wo er über seine Kollegen Literaturexperten spöttelte, die immer so täten, als ob sie alles gelesen hätten. Raddatz bekannte sich dann auch zu einigen Werken, die er nicht gelesen hatte. Habe da aber nur Goethes Farbenlehre in Erinnerung.

13.07.2023, 17:24:03

Profilbild von duck313fuchs

duck313fuchs

@duck313fuchs

Dr. Braun verkennt nur, daß es den Donaldisten nicht um die Übersetzung irgendeines Textes geht, sondern neben dem zeichnerischen Werk von Carl Barks allein nur der Fuchs-Text Grundlage des Donaldismus ist, egal ob es sich insoweit um "gute" oder "schlechte" Übersetzungen handelt. Auch vergißt er, daß die Geschichten in der Micky Maus sich überwiegend an Kinder/Jugendliche wenden sollte, denen der amerikanische Zeitgeist der 50ger bis 70ger Jahre und auch die amerikanische Literatur nicht so bis gar nicht geläufig waren. Es ist gerade der Verdienst von Frau Dr. Fuchs, daß sie dem zeichnerischen Werk von Carl Barks eine für die Leser der damaligen Zeit verständliche und nachvollziehbare Grundlage gab. Soweit er am Text von Frau Dr. Fuchs kritisiert, daß sie die Zwergindianer als "Zwerge" bezeichnete, einem Begriff für Fabelwesen, was im Kontext nicht angemessen wäre, vergißt er, daß es in dem Bericht nur so von Fabelwesen wimmelt. Ich habe hier noch keine sprechende Ente gesehen, auch können sich die Zwergindianer "normal" mit den Tieren ihrer Umwelt unterhalten, was es so auch nicht gibt. Darüberhinaus wirft er den Donaldisten vor, daß sie Entenhausen als Realität ansehen, wobei es sich nur um Literatur handle. Wenn dem so ist, kann Frau Dr. Fuchs bei Verwendung des Wortes Zwerge kein Vorwurf gemacht werden, da sie ja dann über eine Fabelwelt berichtete. Dr. Braun zieht seine Kritik aus einem Bericht über Entenhausen und übersieht dabei, daß es auch viele Berichte gibt, in denen der Text von Frau Dr. Fuchs, wenn es um einen Vergleich der Texte ginge, weit überlegen ist.

16.07.2023, 07:26:02

Profilbild von Coolwater

Coolwater OP

@coolwater

Archiv für Religionswissenschaft, 1933: https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/Content/56646/010284-1933.pdf Der Beitrag von Paul Schebesta, Seite 105 bis 140. Die Suchfunze liefert mir 35 Ergebnisse für "Zwerg". In Schebestas Stück geht's aber nicht um Schneewittchen und die sieben Zipfelmützen, sondern um: "Religiöse Ideen und Kulte der Ituri-Pygmäen (Belgisch-Kongo)". Der Verfasser war nicht wer, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte, sondern, Wikipedia, "ein Steyler Missionar, Ethnologe und Erforscher", da kommt's schon, "sogenannter Zwergvölker (Pygmäen, Negritos) Afrikas und Asiens, zu denen er mehrere Forschungsreisen unternahm". https://de.wikipedia.org/wiki/Paul\_Schebesta Man sehe sich auch die Titel seiner Schriften an. Jeder, der mal älteres völkerkundliches Schrifttum in die Hand genommen hat (und nicht nur in die Hand genommen, sondern gelesen), weiß, daß früher auch gestandene Gelehrte die kleinwüchsigen Völker in Afrika und Asien ohne weiteres als "Zwerge" und "Zwergvölker" bezeichnet haben. Davon abgegangen ist man wohl so langsam erst in der Nachkriegszeit (sechziger, siebziger Jahre). Braun trägt manchen guten Punkt vor, aber beim Vorwurf, Fuchs habe den Zwergindianern einen Märchennamen aufgepfropft, konnte ich nur den Kopf schütteln. Ich will ihm nicht ankreiden, daß ihm das offenbar nicht bewußt war, aber man muß deutlich betonen, daß dieser eine Pfeil (Name aus dem "Märchenreich") ins Leere geschossen ist. Recht hat er dagegen, wenn er die Fuchs dafür rüffelt, daß die Zwergindianer sich selber so nennen. Das ist in der Tat ein bißchen bekloppt, zumal da Barks ihnen ja einen gescheiten Eigennamen verpaßt hat. Man kann nun sagen, es ist bescheuert, von echten kleinwüchsigen Menschen und ganzen Völkern als Zwergen zu reden, und mag als Fortschritt verbuchen, daß man's heut nicht mehr tut. Aber soll man die Fuchs schelten, weil sie zu ihrer Zeit nicht päpstlicher war als der Papst? Die Frau war Jahrgang 1906, die Zwergindianerübersetzung stammt von 1961. In die völkerkundliche Redeweise ihrer Tage paßt "Zwergindianer" ausgezeichnet hinein. Und wie gesagt: Mit "Pygmäen" meint man im Deutschen nur die Kleinwüchsigen Afrikas, aber nicht die Südasiens ("Negritos"), "Pygmäen" wäre für die "Pygmy Indians" im Deutschen ein Mißgriff gewesen. Während man kleinwüchsige Menschen oder Völker heute nicht mehr Zwerge nennt, ist das Wort im Tierreich noch gang und gäbe: Zwergelefant, Zwergohreule, Zwergkaninchen, Zwergwal, Zwergflußpferd und, und, und. Und die Sterndlgucker kennen Zwergplaneten und Zwerggalaxien. Da denkt auch niemand an kleine Manschgerln mit langen Bärten und Zipfelmützen.

16.07.2023, 19:30:35

Seite 2 von 6

Du musst angemeldet sein, um hier posten zu können.