Fuchs Zitat getreulich erledigt

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Coolwater

@coolwater

Nehmen wir mal das Chinesische. Das ist immerhin noch eine von Homo sapiens geschaffene Sprache, sollte dem Deutschen also deutlich mehr ähneln als das Entenhausenerische von Quackus sapiens.

Baukunst, Kleidung, Möbel, die Formgestaltung von Automobilen und Alltagsgegenständen – alles sieht aus in Entenhausen wie in der nordamerikanisch-europäischen Welt bei uns Mitte des 20. Jahrhunderts und nicht etwa wie bei den alten Chinesen oder bei den fernen Klingonen oder wieder ganz anders. Man kennt in Entenhausen Cowboys, Ritter, Hexen, die auf Besen reiten, und den Napoleon, und man feiert Feste wie bei uns, mit Brauchtum, wie wir's haben (geschmückter Tannenbaum, bemalte Eier). – Die "Welt" der Ducks ist der unsern sehr, sehr ähnlich. Auf einem fernen Planeten fühle ich mich beim Quellenstudium jedenfalls nicht. Warum also jetzt plötzlich der Einfall, daß die Entenhausener eine ganz andere Sprache haben müßten als unser Deutsch? Nee, da huldige ich lieber dem Wunder der Parallelwelt und erkenne erschüttert, daß uns die medialen Kanäle Barksens und Fuchsens in ihrem letzten Geheimnis wohl unergründlich bleiben werden. Und das einzige, was ich mich frage, ist, ob es lupenreines "hannoversches" Hochdeutsch ist, was man in der Anderswelt spricht – von einer eigentümlichen Entenhausener Mundart merke ich in der Fuchsüberlieferung jedenfalls nix.

12.05.2020, 11:08:08

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Beppo

@beppo

> Warum also jetzt plötzlich der Einfall, daß die Entenhausener eine ganz andere Sprache haben müßten als unser Deutsch? Dann wäre also Barks der "Übersetzer"?

12.05.2020, 12:10:15

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Beppo

@beppo

> Man kennt in Entenhausen Cowboys, Ritter, Hexen, die auf Besen reiten, und den Napoleon, und man feiert Feste wie bei uns, mit Brauchtum, wie wir's haben (geschmückter Tannenbaum, bemalte Eier). Das könnte doch so eine Art Cargo Cult sein. Eine Zivilisation imitiert die andere.

12.05.2020, 12:18:02

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Der Sumpfgnom

@der_sumpfgnom

Und das einzige, was ich mich frage, ist, ob es lupenreines "hannoversches" Hochdeutsch ist, was man in der Anderswelt spricht – von einer eigentümlichen Entenhausener Mundart merke ich in der Fuchsüberlieferung jedenfalls nix.

Mal abgesehen von Donalds Nachbarn, dem Gockl, narrischen. Dem Batzi, damischen. Dem Drecklackl, ausgschamten. 😜

12.05.2020, 12:23:32

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Coolwater

@coolwater

Das könnte doch so eine Art Cargo Cult sein. Eine Zivilisation imitiert die andere.

Wenn die Entenhausener irgendwie von uns Kunde haben und unseren Lebensstil kopieren – Brauchtum, Baukunst, alles –, dann liegt es doch nahe, daß sie das auch mit unserer Sprache tun. Und dann sind wir wieder da, wo wir am Anfang waren, nämlich im guten alten deutschsprachigen Entenhausen der Fuchsüberlieferung. Barks der Übersetzer? Möglich; doch dunkel bleibt's, wie es um die Realqualität des englischen Barkstextes steht. Am Ende gibt es ein Paralleluniversum zum Paralleluniversum, aus dem Barks seinen Text empfing.

Mal abgesehen von Donalds Nachbarn, dem Gockl, narrischen. Dem Batzi, damischen. Dem Drecklackl, ausgschamten.

Die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Des Nachbarn Rede findet Donald ja ausgefallen, und die Mundart des Menschen, der "aus Bayern kommt", hat die Fuchs auch klar also solche markiert. Was im Umkehrschluß heißt, daß Donald und all die anderen Entenhausener, die wir "Schriftdeutsch" sprechen sehen (ja, wir sehen sie nur sprechen und hören sie leider nicht), sich einer Mundart zumindest nicht wahrnehmbar bedienen, sonst hätt's die Fuchs ja ausgezeichnet wie das Bairisch des Gockls. Denkbar allerdings, daß das Deutsch der Entenhausener eine mehr-minder feine Klangfärbung hat, gleich dem eines Bayern, Hessen oder Österreichers, der gepflegt "Schriftdeutsch" zu sprechen versteht, dem man aber trotzdem die Herkunft noch anhört. In diesem Fall wäre die Frage, ob das Entenhausener Deutsch zum Beispiel schweizerisch, sächsisch oder ostpreußisch gefärbt ist oder aber eine Klangfärbung aufweist, die keiner deutschen Mundart in unserer Welt gleichkommt. Zumindest eine bairisch-österreichisch Färbung des Entenhausener Deutsch scheidet aber meines Erachtens auf jeden Fall aus – sonst tät' Donald die Redeweise beim Nachbarn nicht als so vergnüglich fremd empfinden. Solange wir – wie so oft – nix Genaues nicht wissen, gehe ich indes vernünftigerweise davon aus, daß es auf Entenhausens Straßen eher tönt wie in Hannover denn wie in Zürich, Dresden oder einst in Königsberg.

12.05.2020, 13:54:03

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Hallo Coolwater! Was mich ärgert, ist der Begriff "Rangerniedrigung" für Frau Fuchs als Übersetzerin. Hier schwingt die weit verbreitete Missachtung der Leistung von Übersetzern mit. Selbst in unserer Welt sind Übersetzer literarischer Werke nicht rangniedriger als der Autor. Sogar rein rechtlich nicht: das Copyright an einem übersetzten Goethe-Text hat nicht Goethe, sondern die kubistanische Übersetzerin. Es ist ja ihr Text, nicht Goethes. (Vorausgesetzt, in Kubistan gilt das deutsche Copyright.) Das ist aber sekundär. Speziell bei Erika Fuchs ist ihre Leistung, wenn wir streng donaldistisch argumentieren, mehr zu preisen als die von Barks. Wir sehen Carl Barks als Berichterstatter, der im wesentlichen ohne eigene Beigaben wie ein Reporter aus dem Anaversum berichtet, gleichsam ein willenloses Werkzeug Entenhausens. Dem gegenüber ist die Leistung von Erika Fuchs deutlich höher anzusiedeln: Die Übersetzerin dringt so tief in diese Berichte ein (Bilderzählung + amerikanische Sprache), dass sie in der Lage ist, für deutschsprachige Leser etwas Neues daraus zu formen, das für uns Donaldisten genauso richtig ist wie die Überlieferung durch Barks. Im Grunde liegen die Beiträge in diesem Faden gar nicht so weit auseinander. Es geht mehr um Worte und wie sie verstanden werden: "Medium" ist mir zu spiritistisch und auch zu simpel, "Übersetzerin" ist für andere zu banal und abwertend. Mit beidem ist vermutlich etwas ganz ähnliches gemeint. (Das Grundproblem des Übersetzens: nicht das Wort ist zu übersetzen, sondern das, was damit gemeint ist.)

12.05.2020, 16:50:08

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Beppo

@beppo

Eine Übersetzerin aus dem Spanischen macht quantitativ etwas ganz anderes als eine Übersetzerin aus dem Kubistanischen. Ein Schäfer ist ja auch kein Imker, selbst wenn es Ähnlichkeiten gibt. Der Begriff "Übersetzerin" ist inhaltsarm. Wir wissen nur wenig über Entenhausen. Ulrike Meyfarth, die keine Hummeln verschlingt, könnte die Olympiasiegerin von 1972 sein. Es könnte sich aber auch um einen Vogel handeln, der sich nur als Homage diesen Namen zugelegt hat. Analoges gilt für Ernst Horst mit den lieben Festtagsgrüßen. Entenhausen existiert irgendwo im Raum-Zeit-Kontinuum. Da sind wir uns alle einig. Sonst wären wir nicht hier. Wenn Erika Fuchs zugegeben hätte, dass sie in Wirklichkeit ein Medium ist, dann wären sofort die Männer mit den weißen Turnschuhen gekommen und hätten sie in ein Haus voller Zwangsjacken und Handschellen verbracht. Sie musste ihre Arbeit heimlich verrichten.

12.05.2020, 20:18:54

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Beppo

@beppo

> Speziell bei Erika Fuchs ist ihre Leistung, ..., mehr zu preisen als die von Barks. Da stimme ich dir zu, aber aus anderen Gründen. Die SZ hat einen Korrespondenten in New York, Le Monde auch. Da ist es doch klar, dass einer von beiden mehr Talent für seine Aufgabe hat als der andere. Dabei verwende ich meine persönlichen subjektiven Maßstäbe. Und mit der Leistung von Herrn Direpol, der diesen Job früher mal ausgeübt hat, kann ich auch vergleichen. Andere kommen da vielleicht zu einem anderen Ergebnis. Ramanujan war ein bedeutenderer Mathematiker als Lindemann. Ich bin mir sicher, dass mir 99,9 % aller Mathematiker da beipflichten würden, auch wenn man gar nicht präzise formulieren kann, was "bedeutend" überhaupt heißen soll.

13.05.2020, 05:58:58

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Der Sumpfgnom

@der_sumpfgnom

Vielleicht lassen wir Frau Fuchs doch selbst antworten, soll heißen, werfen wir mal einen Blick in das Erika Fuchs Buch von Klaus Bohn: Seite 51: "Da es erstens ein sehr gutbezahlter Job war und mir die Übersetzung auch Spaß gemacht hat, bin ich dabei geblieben. (...)" Seite 61: "(...) Man muß es eben so übersetzten, daß der Leser hier dasselbe Vergnügen daran hat wie in Amerika und das bedeutet eben frei übersetzen. (...) Man muß als Übersetzer besonders gut Deutsch können. Die Fremdsprache ist gar nicht so wichtig." Damit ist der Fall doch wohl geklärt.

13.05.2020, 07:35:55

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Beppo

@beppo

"Da es erstens ein sehr gutbezahlter Job war und mir ... auch Spaß gemacht hat, bin ich dabei geblieben." Das hätten Homer und Shakespeare vermutlich auch so gesagt.

13.05.2020, 09:03:33

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