Fliegende Kugeln

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Coolwater OP

@coolwater

Dagobert gibt zwei Schüsse ab. Nähm' man das zweite Bild als Augenblicksaufnahme, schlagen die Kugeln zur gleichen oder annähernd gleichen Zeit in der Wand ein. So schnell kann zumindest in unsrer Welt niemand schießen. Selbst wenn der zweite Schuß noch ganz links im Bild beim Wort "Bang!" wäre, es wäre viel, viel schneller, als irgend jemand Schüsse abfeuern könnte. Solche Bilder, in denen Schußgeschehen festgehalten ist, untermauern schon stark die Annahme, daß Barks in Einzelbildern ein Geschehen zusammengefaßt hat, das sich über eine gewisse Zeitbreite dehnt. Um dieses Bild als Schnappschuß zu retten, kann man eigentlich nur noch zu dem verzweifelten Einfall flüchten, daß es sich um einen besonderen Revolver handelt, bei dem der Schütze zwei Kugeln zur gleichen Zeit nebeneinander abfeuert. Die beiden Bangs sind nicht nacheinander, sondern gleichzeitig zu hören. Der Lauf der Waffe wiederum ist so gestaltet, daß die Kugeln auseinanderstrebende Bahnen einschlagen, siehe zweites Bild. Scheißeinfall, aber irgendwie geil. 😁

18.07.2024, 21:21:30

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Und was die Szene mit Blacksnake McQuirt betrifft, so ist sie in mehrfacher Hinsicht seltsam: Dieser sagt ja "Er hat mir die Hosen so voll Blei gepumpt, daß mir der Gürtel geplatzt ist!" <...> Heißt: Blacksnake verliert seine Hose durch das Gewicht der Revolverkugeln. Es muß also eine enorme Menge an Kugeln in der Hose gelandet sein, um diese zu Boden zu ziehen.

Meine erste Idee war, dass McQuirt hier vielleicht eine Redewendung benutzt, die im anaversalen Wilden Westen üblich ist, bei uns aber unbekannt. Dagegen spricht, dass Erika Fuchs das natürlich erkannt und entsprechend verdeutscht hätte. Ich vermute, McQirt ist ganz simpel der Gürtel geplatzt, weil die Schnalle bereits brüchig war und die Belastung durch den dicken Bauch und den wilden Ritt nicht mehr ausgehalten hat. Bei so einem Schießduell denkt man nicht mehr ganz klar. McQuirt glaubt, Donalds Kugeln hätten sich in seiner Hose angereichert und die Gürtelschnalle platzen lassen. Noch rätselhafter finde ich, dass trotz der wilden Schießerei auf kurze Distanz (vorausgesetzt, die insgesamt vier Revolver von McQuirt und Donald haben je 6 Patronenkammern, werden 24 Schüsse abgegeben) keiner von beiden ernsthaft verletzt wird, in der kurzen Schießerei vorher Donalds Sheriffstern aber mehrfach getroffen wird. Hat McQuirt genau darauf gezielt? Warum konnte Donald gerade diesen Schüssen dann nicht ausweichen? Oder wollte er es nicht, weil er sich durch den Stern geschützt fühlte, womit er am Ende ja auch Recht hatte? Im übrigen wird deutlich gezeigt, dass Donalds Waffe ein Colt mit drehbarer Trommel ist und dass die Anzahl der ohne Nachladen möglichen Schüsse begrenzt ist. Zu Coolwaters Doppelschuss-Vermutung: Es gab tatsächlich Revolver mit zwei Ladungen in jeder Kammer. Vielleicht besitzt Dagobert so einen. Oder es ist eine spezielle Düsentrieb-Erfindung, die es ermöglicht, zwei Schüsse zugleich in etwas anderem Winkel abzugeben. Und noch eine Bemerkung: In unserer Welt muss man regelmäßig trainieren, um außergewöhnliche Leistungen zu erzielen. Donalds Schießkünste mit zwei Colts gleichzeitig sind beeindruckend. Wir erfahren aber nie von einem Schießtraining. Dagobert dagegen schießt ziemlich weit daneben. Sein Meisterschuss auf den Schwarzen Kasten gelingt nur, weil dieser ihm die Fähigkeiten eines Westernhelds eingezischt hatte.

19.07.2024, 11:20:10

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paTrick

@patrick

Ich denke, wir sehen in den Berichten keine fotografischen Momentabbildungen, sondern Wiedergaben eines Geschehens. Beispielsweise macht die linke Waffe im Bild oben zweimal Klick. Das braucht nun mal Zeit. Auch das Aussprechen des Sprechblaseninhaltes benötig ein paar Sekunden.

19.07.2024, 11:45:53

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Coolwater OP

@coolwater

Die Texte (Sprech- und Denkblaseninhalte, Geräuschwörter) geben zweifellos ein zeitlich gezogenes Geschehen wieder. Selbst wenn da nur "Seufz!" steht – einen Seufzer zu tun oder, wie's viele Donaldisten, ich eingeschlossen, eher lesen, das Wort "Seufz" zu sprechen benötigt seine Zeit. Das bedeutet aber nicht zwingend, daß die Bilder ebenfalls dergestalt ein Geschehen darstellen. Man muß bedenken, daß Bild und Text nicht unmittelbar eine Einheit bilden, sondern nur mittelbar. Das Bild ist das Licht, was als Text aufs Bild gelegt ist, ist der (vertextete) Schall. (Ich sehe hinweg über die donaldistische Sondermeinung, in Entenhausen kenne man gar nicht den Schall und die Sprache, wie wir's tun, sondern wahrhaftig quöllen aus den Mündern der Entenhausener mit Text gefüllte Blasen.) Der aufs Bild gesetzte Text gibt ein zeitlich gestrecktes Schallgeschehen wieder. Auch wenn Donald nur mal "A" sagt, ist's schon eine (kleine) Zeitstrecke. Das ist aber, meine ich, eine dem Mediumsbestandteil "Text" notwendig innewohnende Eigenheit. Anders geht's nicht. Demgegenüber kann ein Bild ohne weiteres den "Augenblick" verweilen lassen. Und ohne weiteres lassen sich im Medium Comic Augenblicksbilder mit Geschehenstexten verknüpfen. Sicherlich kennt jeder, viele wohl aus dem Bravo-Pubertätsdurchlauf, Fotoromane. Da werden auf Fotos (Augenblick) Sprechblasen (Geschehen) gelegt. So ein Fotoroman ist im Grunde nichts anders als ein Comic, nur halt mit echten Fotos statt gezeichneter Bilder. Ich lese in gleicher Weise grundsätzlich aber erst mal auch jeden gezeichneten Comic und nehme die Bilder als Augenblicksdarstellungen, nicht als Geschehenszusammenpressungen. Haarspalterisch könnte man natürlich sagen, wegen der Belichtungszeit sind auch die Fotos in Fotoromanen in Wirklichkeit Geschehensdarstellungen, wenn auch fürs Menschenauge nicht faßbar. Würde man jedoch einen Fotoroman vom Trump-Anschlag erstellen, sähe man auf dem einen unwahrscheinlichen Schnappschuß eindrucksvoll den Kugelflug als Geschehen. Aber wahrscheinlich hat es noch nie einen Fotoroman gegeben, in dem man auf einem Bild das Geschoß einer Feuerwaffe im Flug bestaunen konnte. In den Entenhausenberichten wiederum ist dies Barksens tägliches Brot. Obschon ich der Neigung nach ein Augenblicksbildanhänger bin, sind die verschiedenen Darstellungen von Schußgeschehen und Kugelflügen bei Barks in der Tat ein guter Punkt für die Geschehensbildlehre. "Geschehen" wäre dann allerdings völlig anders verbildlicht als auf dem Trump-Bild, wo die Kugel in die Länge gezogen verschwimmt. Bei Barks sind vielmehr die Einzelbestandteile in der Regel scharf umrissen (zumindest die hier erörterten Kugeln), aber ein Bild wäre dann sozusagen aus verschiedenen Zeitbestandteilen zusammengesetzt. O wei, da gibt's 'nen Haufen rumzudeuteln. Hier jedenfalls ein weiterer Knaller, aus dem Nachtwächterbericht: Nimmt man's als Augenblicksbild, feuert Donald die Kugeln nahezu zum gleichen Zeitpunkt ab, der bereits zurückgelegte Weg unterscheidet sich bei den beiden unteren Geschossen fast gar nicht. Auch der rechte Ganove kann ganz schön schnell hüpfen, bedenkt man, daß so eine Kugel mit vielleicht dreihundert Metern in der Sekunde unterwegs ist. Ein völlig anderer Ansatz wäre, daß in Entenhausen Kugeln aus Feuerwaffen viel, viel langsamer durch die Luft ziehen als bei uns. Drum kann man ihnen vielleicht so leicht ausweichen. Sehen wir irgendwo, daß so ein Geschoß jemanden ernsthaft verletzt oder gar tötet?

20.07.2024, 00:46:52

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Orville Orb

@orville_orb

Ich würde sagen, die Bilder sind keine objektiven Repräsentationen - wie etwa ein Foto - sondern die Darstellung der Wahrnehmung eines Beobachters. Ein schöner Beweis dafür wäre, dass Uhren - ich hab gerad kein Belegbild - Tick Tack Tick Tack machen. Wenn ich richtig bin, unterscheidet sich aber rein akustisch das erste Tick nicht vom Tack. Das Tick-Tack gibt es nur in der subjektiven Wahrnehmung (eine subjektive Wahrnehmung, die wir alle teilen. Subjektiv heißt nicht beliebig oder individuell). Und die menschliche Wahrnehmung eines Moments hält immer auch die unmittelbare Vergangenheit wach und denkt gegenwärtige Erlebnisse in die unmittelbare Zukunft weiter. Ansonsten würden wir keine Melodien hören, sondern nur eine einzelne Töne, oder könnten nicht von einem plötzlichen Wechsel in der Musik überrascht werden. Barks gibt genau eine solche menschliche Wahrnehmung wieder.

20.07.2024, 10:50:48

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Coolwater OP

@coolwater

Ein schöner Beweis dafür wäre, dass Uhren - ich hab gerad kein Belegbild - Tick Tack Tick Tack machen. Wenn ich richtig bin, unterscheidet sich aber rein akustisch das erste Tick nicht vom Tack. Das Tick-Tack gibt es nur in der subjektiven Wahrnehmung (eine subjektive Wahrnehmung, die wir alle teilen. Subjektiv heißt nicht beliebig oder individuell).

In diesem besonderen Fall könnte es allerdings sein, daß Uhren in Entenhausen anders ticken, also so gebaut sind, daß sie im Wechsel zwei leicht unterschiedliche Geräusche machen. Der Grund, eine Uhr ein solches Wechselgeräusch machen zu lassen, könnte etwa sein, daß man in Entenhausen erkannt hat, daß es so beruhigender für die Nerven ist. Das wäre kein allzu kühner Gedanke (da hat der Donaldismus schon Kühneres hervorgetrieben). Ob jetzt eine hiesweltige Uhr für mein Ohr mehr "Tick-Tick" oder "Tick-Tack" macht, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Geräusche sind aber eh ein eigener Fall. Man kann annähernd fotografisch genau zeichnen oder malen, aber jede schriftliche, textliche Wiedergabe eines Geräusch, in welcher Menschensprache auch immer, ist nur eine Annäherung, gibt nur eine blasse Ahnung davon, wie das Geräusch dem Menschenohr wirklich klingt. "Tick-Tick" oder "Tick-Tack", deutsch gesprochen – klingt eine Taschenuhr wirklich so? "Bumm" und "Peng", deutsch gesprochen – hören sich so eine hochgehende Bombe, eine feuernde Pistole an? Wenn wir, die wir vermutlich alle hören können, in den Berichten "Bumm", "Peng" lesen, wir wissen aus unserer hiesweltigen Erfahrung, welches Geräusch wir dabei "hören" sollen. Aber kann einer, der sein Leben lang taub war und diese Geräuschwörter liest, wirklich erahnen, wie die Geräusche klingen (und der Taube seit je hat wohl nicht mal eine Vorstellung vom Geräusch an sich)? "Tick-Tick", "Bumm", "Peng", das sind nicht mal die Schatten auf der Wand in der Höhle. Der deutsche Hahn kräht "Kikeriki", der französische "Cocorico", der englische "Cock-a-doodle-doo", der japanische "Kokekokkō". Wüßt' man nicht, daß es sich allesamt um "unbeholfene" Versuche handelt, den Hahnenschrei in Menschensprache, Menschenschrift einzufangen, man könnt' glauben, man hätt's mit vier verschiedenen Viechern zu tun. Über das fotorealistische, lebensechte Bild des Gockels dürfte sich die ganze Welt dagegen schnell einig sein.

20.07.2024, 11:36:57

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Wenn ich richtig bin, unterscheidet sich aber rein akustisch das erste Tick nicht vom Tack. Das Tick-Tack gibt es nur in der subjektiven Wahrnehmung (eine subjektive Wahrnehmung, die wir alle teilen.

Ihr seid zu jung. Natürlich machen mechanische Uhren Tick-Tack. Falls es interessiert, hier die Aufklärung: https://www.uhrenkosmos.com/so-entsteht-das-tick-tack-ticken-einer-uhr/

20.07.2024, 12:01:26

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Raskolnikow

@raskolnikow

Ich habe in meinem Arbeitszimmer eine große alte Standuhr mit Pendel stehen, ein Erbstück vom Großvater. Und bei der ist das Tick (Pendel nach links) deutlich vom Tack (Pendel nach rechts) zu unterscheiden. Und bevor jemand fragt: ein Track gibt es nicht.

20.07.2024, 14:17:41

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Orville Orb

@orville_orb

Also, es geht nicht darum, wie die beiden Töne transkribiert werden (als Tick-Tock, Trick-Track, Ding-dong), sondern, dass es wie zwei verschiedene Töne klingt. Es ist also ein anderer Fall als das Kikeriki. Ich kenn die psychologischen Experimente nur mit Metronom. Und da ist es jedenfalls so, dass jeder Anschlag des Metronoms akustisch derselbe ist. Ich glaube eigentlich bei der Uhr ist es auch so, beim Überfliegen des Artikels von Frl. Tuschel habe ich jetzt auch nichts gesehen, was dem widerspricht (falls doch: Magst du das Zitat hier reinstellen?). Liegen zwei Schläge des Metronoms weit genug auseinander (mehr als drei Sekunden oder so), nehmen wir jeden Anschlag auch als gleichartig wahr (also: Ding .... Ding ... Ding ... oder Tok... Tok... Tok... oder was auch immer). Wenn beide Schläge, ich glaube, nur eine oder zwei Sekunden voneinander entfernt sind, dann hören wir zwei verschiedene Klänge (als Ding - Dong - Ding Dong, oder Tak - Tik, Tak - Tik oder was auch immer) - obwohl sie sich akustisch nicht unterscheiden. Wie es mit Pendeluhren steht, keine Ahnung.

21.07.2024, 08:17:45

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Orville Orb

@orville_orb

"Subjects who are exposed to uniform successive stimuli—such as the clicks of a metronome—will impose a “subjective structure” onto them: rather than hearing a monotonous “click … click …. click …” one finds oneself hearing “CLICK … click, click CLICK … click, click” or variants thereof. This spontaneous grouping has a temporal limit of about 2.5 seconds." Stanford Specious Present

21.07.2024, 08:21:45

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