Na ja, die "Kopien" sind doch sehr verändert, dass man wohl nicht mehr von Kopien sprechen kann. Meist ist die Stellung der Pupille veränderrt, Dagoberts Backenbart weist eine andere Form auf. Es gibt Änderungen an den Nasenlöchern, wenn diese nicht ganz fehlen, die Zungen haben teilweise andere Formen. Der Schnabel von Dagobert im Bild 3 ist verkürzt, wodurch sich auch der Sitz des Zwickers verändert, und die Zunge fehlt. Auch im letzten Bild zeigt Dagobert zusätzlich zur Änderung der Pupillen völlig unterschiedliche Zähne...
Kopisten am Werk
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Beppo
@beppo
> Es gibt auch viele andere Zeichner wie Pier Lorenzo de Vita, Massimo de Vita, Bramsen, Sørensen, Vicar, Tello oder Bancells, die sehr intensiv vom Stilmittel des Kopierens Gebrauch gemacht haben. Ich spekuliere schon wieder. Könnte es sein, dass die die Kopiererei vom Verlag gewollt war? Ich stelle mir so einen mächtigen Signore Sgraffitto in Mailand vor, der der Obermotz von allen Zeichnern ist. Er will, dass alles aussieht wie Barks. Wenn sich ein junges Talent bewirbt, lässt er es erst einmal als Test eine Seite Barks abzeichnen. Im Gegensatz dazu hatten die Amis bei Dell eine andere Kultur. Sie haben die Barksähnlichkeit nicht so wichtig genommen. Einen Tony Strobl konnte man auch mit Androhung von Prügeln nicht dazu bringen, den Barks nachzuahmen. Gibt es bei deinen Kopisten räumliche und zeitliche Cluster? So wie die niederländischen Maler oder die deutschen Barockkomponisten?
15.06.2020, 04:09:59
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Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Könnte es sein, dass die die Kopiererei vom Verlag gewollt war? Ich stelle mir so einen mächtigen Signore Sgraffitto in Mailand vor, der der Obermotz von allen Zeichnern ist. Er will, dass alles aussieht wie Barks.
Es war durchaus so, daß der Barks-Stil, zumindest für bestimmte Geschichten, vorgegeben war. Und es gab wohl temporär so etwas wie allgemeine Richtlinien, wie der Zeichenstil auszusehen hatte. So gab es in den 50er Jahren (in Italien) die Vorgabe, daß die Ducks im Taliaferro-Stil gezeichnet sein sollten. In der Geschichte "Donald als Löwenbändiger" (LTB 55) von Bottaro etwa ist der Taliaferro-Stil deutlich zu bemerken. Und auch in "Die Insel der Piraten" (LTB 365) sind Bottaros Zeichnungen eine Mischung aus Barks und Taliaferro.
Im Gegensatz dazu hatten die Amis bei Dell eine andere Kultur. Sie haben die Barksähnlichkeit nicht so wichtig genommen. Einen Tony Strobl konnte man auch mit Androhung von Prügeln nicht dazu bringen, den Barks nachzuahmen.
Stimmt nicht ganz! Sogar bei Strobl lassen sich gelegentlich Barks-Kopien finden, insbesondere wenn es um Gundel Gaukeley geht ...
Gibt es bei deinen Kopisten räumliche und zeitliche Cluster? So wie die niederländischen Maler oder die deutschen Barockkomponisten?
Ich denke, das kann man so nicht sagen. Das Kopieren war hauptsächlich in den 60er und 70er Jahren eine gängige Methode. Und manche Zeichner, die mit dem Kopieren groß geworden sind (wie z.B. Vicar) haben dieses Stilmittel bis zum Schluß angewandt. Im Neuen Jahrtausend hat das Kopieren deutlich nachgelassen, vermutlich auch wegen des zunehmenden Einsatzes von Computern. Im Endeffekt entscheidet heute aber wohl eher der einzelne Zeichner, ob er kopiert. Aktuelle Zeichner wie Ferioli setzen immer wieder Barks'sche Elemente in ihren Zeichnungen ein. Und in den Taschenbüchern hat sich längst der Cavazzano-Stil etabliert. Nur ganz selten findet man dort noch Kopien nach Barks. Hier ein solches Beispiel aus der Geschichte "Duckoraptor auf der Flucht" (LTB 370) von Mancuso, entstanden 2006. Dies sind keine Abpausungen mehr, wie bei Bottaro, sondern ziemlich freie Adaptionen, denen man den Barks-Ursprung aber deutlich anmerkt:
18.06.2020, 08:13:16
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Beppo
@beppo
Es gibt ja zwei Arten des Barks-Kopierens: 2D Man zeichnet einen Teil eines Barks-Panels eins zu eins ab. 3D Man zeichnet eine Standardfigur so, wie sie Barks gezeichnet hätte, aus irgendeiner Richtung. Welche Zeichner beherrsch(t)en 3D? So jemand wie Han van Meegeren hätte vermutlich Barks -- zumindest zeichnungenmäßig -- perfekt kopieren können. Die Porzellanfiguren, die es mal gab sehe ich auch als eine fast perfekte 3D-Kopie.
18.06.2020, 11:48:54
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Coolwater
@coolwater
Don Rosa war zu Beginn seiner Laufbahn als Duck-Zeichner auch ein mächtiger Barks-Kopist. In seinem Erstling Der Sohn der Sonne von 1987 sind praktisch jede Pose, jeder Gesichtsausdruck aus einem Barks-Bericht übernommen. Das ist bekannt, und das Barks-Kopistentum des Anfängers Rosa ist durchaus als Hommage eines Fans an den Meister zu verstehen. Ich nehme an, die Vorlagen hatten bei Rosa in der Regel auch nicht genau die gleiche Größe wie seine Zeichnungen. Rosa weilt ja noch unter uns, vielleicht mag einer an ihn herantreten und den Menschen fragen, wie er das gemacht hat. Wobei ich Rosa zutraue, daß er nicht einfach mit irgendwelchen Zauberkunststückchen am Leuchttisch "abgepaust" hat, sondern jede "Kopie" durch mühevolles Abzeichnen mit Schweiß, Blut und Tränen erkauft ist.
18.06.2020, 14:24:08
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Beppo
@beppo
> Don Rosa war zu Beginn seiner Laufbahn als Duck-Zeichner auch ein mächtiger Barks-Kopist. Der gute Keno kann überhaupt nicht kopieren. Er hat auf Ingeniör studiert und zeichnet mit einem Tuschefüller oder das sieht zumindest so aus. Er ist ein Blaupauser und kein Zeichner. Den Barksstrich kriegt er nicht hin. Eine Rosa-Zeichnung erkenne ich ohne Zwicker und mit drei Promille sofort. Da würde ich nicht von Kopist reden. Wenn das Münstermännchen eine Kathedrale aus Münzen baut, dann ist das zwar nett anzusehen, aber keine Kopie.
19.06.2020, 03:37:23
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Coolwater
@coolwater
Den Barksstrich kriegt er nicht hin. Eine Rosa-Zeichnung erkenne ich ohne Zwicker und mit drei Promille sofort. Da würde ich nicht von Kopist reden.
Auch eine von Bottaro übernommene – "kopierte", "durchgepauste" – Barks-Pose erkennt man drei Meilen gegen den Wind als Nichtbarks. Bottaro und der frühe Rosa waren Brüder im Geiste in ihrem Tun: Sie übernahmen Figuren, Posen, Mienen von Barks. Daß ein Rosa dann trotzdem ausschaut wie ein Rosa und ein Bottaro wie Bottaro, ist keine Überraschung. So gesehen sind natürlich weder Bottaro noch Rosa als Barks-"Kopisten" anzusehen in dem Sinne, wie ein Kunstfälscher die Stile der alten Meister zu kopieren trachtet, um den Leuten einen falschen Van Eyck als echten unterzujubeln. Bottaro wie Rosa übernahmen beide Barksens vollendete Figuren-Posen "eins zu eins", aber beide konnten auch ihren individuellen, nichtbarksischen Zeichenstil nicht verleugnen, wollten ihn wohl auch nicht verleugnen. Wie gesagt: Bottaro und Rose waren Brüder im Geiste in ihrem Tun. Ob sie dabei technisch gleich vorgingen, weiß ich nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn gerade bei seinem Herz-und-Blut-Erstling der "Fan" Rosa viel länger und verbissener an seinen "Kopien" gearbeitet hat als der routinierte Mondadori-Beamte Bottaro. Und wenn Rosa seinem Ingenieursaffen Zucker gab und zu Zirkel oder Schablone griff, wo immer ein von Barks freihändig-locker zu Papier gezaubertes Kreislein oder Ellipslein gezeichnet werden wollte, ist das eben die besondere Rosa-Duftnote. Bottaro hat für seine Barks-"Kopien" sicherlich auch nicht die genau gleiche Tuschefeder verwendet wie Barks – den berühmten Esterbrook Pen 356 –, sondern die Dinger halt gezeichnet, wie er sonst seine Sachen zeichnete.
19.06.2020, 14:01:55
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Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Wer sich übrigens die "orientalischen" Geschichten von Bottaro anschaut, wie z.B. "Donald Baba" (LTB 16) oder "Donald hoch zu Roß" (LTB 23), wird feststellen, daß auch dort immerzu die gleichen Posen vorkommen, wie ich sie bereits in den vorangegangenen Analysen vorgestellt habe.
Kommen wir zu einem anderen italienischen Kopisten: Luciano Capitanio, einem Zeichner aus den 60er Jahren, dessen Geschichten auch in Deutschland vielfach abgedruckt wurden. Im Gegensatz zu Bottaro hat er sich nicht nur auf Barks fokussiert, sondern auch von anderen Zeichnern abkopiert. Im folgenden Beispiel - (Bank-)Krach im Hause Duck (LTB 86) - etwa stammen seine Düsentrieb-Kopien allesamt von Carpi. Außerdem gibt es bei ihm keine Spiegelungen; alle Kopien besitzen die gleiche Ausrichtung wie die Vorlagen.
22.01.2025, 20:02:12 (bearbeitet)
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Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Weiter geht's mit einer Capitanio-Geschichte im Heftformat: "Das trojanische Pferd" (MM 17-19/65). Auch hier wurde neben Barks-Material auch auf Stories von Carpi zurückgegriffen.
22.01.2025, 20:04:11 (bearbeitet)
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Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Nächstes Beispiel: "Die Jagd nach dem Fleckenfalter" (MM 27-29/65 resp. TGDD 60). Ähnlich zu Bottaro hat Capitanio auch hier in einzelnen Bildern die Figuren ausgetauscht: aus Donald (bei Barks) wird bei ihm dann Dagobert, usw.
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_1
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_2
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_3
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_4
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_5
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_6
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_7
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_8
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_9
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_10
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_11
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_12
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_13
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_14
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_15
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_16
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_17
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_18
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_19
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Die Jagd nach dem Fleckenfalter_22
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Die Jagd nach dem Fleckenfalter_28
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Die Jagd nach dem Fleckenfalter_34
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Die Jagd nach dem Fleckenfalter_37
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_38
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_39
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_40
Die Jagd nach dem Fleckenfalter_41
22.01.2025, 20:06:25 (bearbeitet)
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