Re: Cross-story Erinnerungen

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

Anlass für diesen Faden ist eine Nachhilfestunde, die ich kürzlich Hans von Storch gegeben habe. Thema sind die Cross-story-Erinnerungen (CSEs), wie sie HvS genannt hat. Das sind Bezüge zwischen den Ereignissen in zwei Geschichten. Ich würde sie ja lieber transhistorische Referenzen oder so nennen, aber bei einem Elitewissenschaftler wie Hans muss es ja heutzutage Amerikanisch sein. Mein Ansatz ist bescheiden. Ich bin noch bei der Materialsammlung. Ich liste auf, was ich weiß und bitte euch um die Mitteilung von weiteren Beispielen. Der Donaldismus ist ja eigentlich ganz ähnlich wie die Untersuchung des Lebens von Sherlock Holmes. Dr. Watson berichtet viel, aber manches ist widersprüchlich. Sei es, weil er sich falsch erinnert, sei es weil er gewisse Informationen verbergen muss. Die Sherlock-Holmes-Geschichten wimmeln geradezu von CSEs. Bei Barks und Fuchs ist das anders, obwohl Sir Arthur ganz offensichtlich auch ein Medium war. In VP 1 (Ein Unglückstag) sagt Donald: "Ich habe gelernt, mit Ebern umzugehen. Damals in Belutschistan." Das ist sozusagen eine CSE, bei der die zweite Hälfte fehlt. Wir wissen weiter nichts über die Eber von Belutschistan. So etwas gibt es bei Sherlock Holmes oft, aber bei Donald ist es selten. Doch jetzt zu den vollständigen CSEs. In US 27 (Silbertaler) erinnern sich die Ducks an US 15 (Bindfäden). Verwirrenderweise wurden die Geschichten bei Ehapa in der umgekehrten Reihenfolge veröffentlicht, aber die CSE ist identisch. US 58 (Riesenroboter) bezieht sich auf US 8 (Kohldampfinsel) und den Panzerknacker, der süchtig nach Backpflaumen ist. Am Ende von WDC 61 (Die großen Detektive) bekommen die Neffen eine "schöne Belohnung". Am Anfang von WDC 62 (Ein schmähliches Ende) baden sie in ihrem Geld. Bei Fuchs ist es allerdings ein Lottogewinn. US 41 (gestreifter Rubin) bezieht sich deutlich auf US 31 (Goldmais): "So was Ähnliches hast du schon mal probiert. Aber die Panzerknacker haben sich nicht täuschen lassen." WDC 185 (Gute Vorsätze) bezieht sich auf WDC 173 (auch Gute Vorsätze). In Entenhausen ist genau ein Jahr vergangen. Zwischen WDC 173 (Anfang 1955) und WDC 185 (Anfang 1956) liegt auch genau ein Jahr. Ebenso zwischen MM 1/1956 und MM 1/1957, aber das Jahr danach. Das in MM 1/1957 abgebildete Kalenderblatt für den Januar 1957 behauptet, dass der erste Januar ein Sonntag ist, es war aber in Wirklichkeit ein Dienstag. Hier besteht noch Klärungsbedarf. 1957 in Deutschland ist offensichtlich nicht 1957 in Entenhausen.

12.04.2017, 15:35:42 (bearbeitet)

Profilbild von Blubber Lutsch

Blubber Lutsch OP

@blubber_lutsch

Werter Beppo, ich würde dieses Thema ruhig etwas weiter fassen. "Bezüge zwischen den Ereignissen in zwei Geschichten" müssen nicht explizit mündliche Bezugnahmen (in Form von Äußerungen z.B. der Ducks) auf den konkreten Inhalt eines anderen Berichts sein. Speziell wenn es um die Aufklärung des zeitlichen Bezugs, also der Reihenfolge der Berichte, geht, können Merkmale der Handlung ausreichen. In meinem Bielefelder Vortrag "Eine unbequeme Wahrheit - Die globale Erwärmung und die Enträtselung der Entenhausener Chronologie" (DD 135) habe ich neben dem Bindfaden- und dem Gute-Vorsätze-Beispiel noch ein ganz anders gestricktes Beispiel angeführt: In CP 2 (Rat einmal) schmachten TT&T vor der Fensterscheibe des Spielwarenladens und seufzen "Einen Metallbaukasten haben wir noch nicht". In WDC 226 (Die schwimmende Insel) spielen sie neben dem Fernseher mit einem Metallbaukasten. Die zeitliche Abfolge wäre damit klar, SOFERN NICHT ... ... zwischen den Berichten irgendeine Art von "Reset-Taste" gedrückt wird. Das ist ja das große Rätsel. Ich habe das in einigen Vorträgen immer wieder mal angesprochen: Was passiert in Entenhausen zwischen den Panels / Was passiert zwischen den Berichten? Umwälzende Ereignisse am Ende eines Berichts (Flucht, Zerstörung, finanzieller Ruin, Eintritt in die Fremdenlegion), die unbedingt tiefe Einschnitte im Leben hinterlassen müssten, aber trotzdem in anderen Berichten nicht weiter erwähnt werden, geben uns wirklich Rätsel auf. Also: Falls das Medium Barks nicht beliebig neue Startpunkte für seine Berichte definiert haben sollte (vgl. z.B. die zahlreichen Adressen und Häuser der Ducks), dann sind auch non-verbale Indizien als "Bezüge zwischen den Ereignissen in zwei Geschichten" zu verstehen, wenn sie so bewusst und deutlich formuliert/dargestellt werden wie die An- oder Abwesenheit eines Metallbaukastens. P.

04.04.2017, 20:28:10

Profilbild von Das Schwarze Phantom

Das Schwarze Phantom

@das_schwarze_phantom

Transhistorische Referenzen findet man in den Disney-Publikationen immer wieder; sie sind gar nicht so selten. Eine dankbare Geschichte ist in dieser Hinsicht etwa "Besuch vom Planeten Diana" (TGDD 74). Da gibt es eine "Fortschreibung" von Vicar unter dem Titel "Besuch von einem andern Stern" (TGDD 226). Und der berühmte "Klub der Zweifler", den Barks in jener Story kreiert hatte, wurde in diversen neueren Geschichten wiederbelebt: - "Verzweifelte Zweifler" (MM 37/00) - "Auf Fortuna ist Verlass" (MM 42/00) - "Der Zweifler und die Zauberin" (MM 3/05) Relativ häufig sind auch Bezüge zu Düsentrieb'schen Erfindungen. So findet man etwa den Transmitter aus "Zukunftsmusik" (TGDD 31) sogar in einer Maus-Geschichte wieder (wenn auch mit etwas anderer Optik): Auch die "Kullern" aus "Land unter der Erdkruste" (TGDD 111) haben es zu einer Fortführung gebracht. Und dann gibt es ja noch die berüchtigten Don-Rosa-Fortsetzungen alter Barks-Ideen, wie z.B. "Zurück ins Land der Zwergindianer" (TGDD 339) oder "Wiedersehen mit Tralla La" (TGDD 264). X-mal gibt es auch Referenzen auf die berühmte Duckenburgh in Schottland. Ich erspare mir hier eine Aufzählung.

08.04.2017, 16:53:33

Profilbild von Duckimaus

Duckimaus

@duckimaus

Am Ende von WDC 61 (Die großen Detektive) bekommen die Neffen eine "schöne Belohnung". Am Anfang von WDC 62 (Ein schmähliches Ende) baden sie in ihrem Geld. Bei Fuchs ist es allerdings ein Lottogewinn. US 41 (gestreifter Rubin) bezieht sich deutlich auf US 31 (Goldmais): "So was Ähnliches hast du schon mal probiert. Aber die Panzerknacker haben sich nicht täuschen lassen." WDC 185 (Gute Vorsätze) bezieht sich auf WDC 173 (auch Gute Vorsätze). In Entenhausen ist genau ein Jahr vergangen. Zwischen WDC 173 (Anfang 1955) und WDC 185 (Anfang 1956) liegt auch genau ein Jahr. Ebenso zwischen MM 1/1956 und MM 1/1957, aber das Jahr danach. Das in MM 1/1957 abgebildete Kalenderblatt für den Januar 1957 behauptet, dass der erste Januar ein Sonntag ist, es war aber in Wirklichkeit ein Dienstag. Hier besteht noch Klärungsbedarf. 1957 in Deutschland ist offensichtlich nicht 1957 in Entenhausen.

Deine Annahme basiert darauf, dass sämtliche Ereignsse der Entenhausener in genau der Reihenfolge passiert sind, wie die Berichte im WDC erschienen sind. Aber wer sagt denn, dass dies auch stimmt? So kann "Ein schmächliches Ende" theoretisch auch längere Zeit nach "Die großen Detektive "oder sogar davor sich abgespielt haben. Selbiges gilt auch für alle anderen Berichte. Wir wissen nicht, in welcher Reihenfolge sich die Ereignisse abgespielt haben. Wir kennen nur einen Bruchteil der Leben der Entenhausener und es ist nicht mal bekannt, wie lange der Zeitraum ist, der sämtliche Barks-Berichte abdeckt. Eine chronologische Reihenfolge darauf aufbauen zu wollen, wie sie in den Heften erschienen ist, kann wohl kaum stimmen und es dürfte auch schwer möglich sein, eine richtige Reihenfolge zu erstellen mangels Zeitangaben.

08.04.2017, 17:58:32

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Dazu hat Hans von Storch auf dem Hamburger Kongress Bedenkenswertes geäußert. Wenn ich es richtig verstanden habe, postuliert er eine Art Gleichzeitigkeit der Ereignisse in Entenhausen. Jedenfalls ist Zeit dort anders als unser Verständnis von Zeit, das nur drei Zustände kennt: früher, jetzt, und später. Wenn man annimmt, dass Zeit in Entenhausen nicht linear verläuft, so wie wie es kennen, sondern in viele verschiedene Richtungen ausgreifen kann, stellt sich die Frage von "früher" oder "später" nicht mehr. Es kann aber sein, dass ich das richtig erfasst habe. Die Idee finde ich jedenfalls faszinierend.

08.04.2017, 18:50:33

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

Liebes Phantom, ich rede von Barks/Fuchs. Beim Rest ist es völlig unmöglich, gegen dich anzuforschen. Liebe Duckimaus, auch Zwerge haben klein angefangen. Seien X und Y Barksreportagen. Ich kenne kein Beispiel dafür, dass sich X auf Y und Y auf X bezieht. Ich kenne diverse Beispiele, bei denen sich Y auf X bezieht, aber nicht umgekehrt. Dabei ist immer in den USA X vor Y erschienen. Es gibt Reportagen, in denen Donald vier Knöpfe an der Jacke hat und solche, in denen es nur zwei sind. (Es gibt auch solche, in denen er seine Jacke nicht trägt. Die muss ich ignorieren.) Die mit den vier Knöpfen sind in den USA vor denen mit zwei Knöpfen erschienen. Ich habe mir jetzt einmal vorgenommen, nachzuschauen, wie das mit den Pfadfindermützen von Tick, Tick und Track ist. Wann tragen sie den Schwanz hinten an der Mütze und wann vorne? Vielleicht korreliert das ja auch mit der US-amerikanischen Veröffentlichung. Meine Hoffnung ist natürlich, dass es mit WDC 150 gewechselt hat, als TT&T Oberpfadfinder wurden. Es kann selbstmurmelnd auch wie in der Relativitätstheorie sein, wo das Vorher-Nachher nur eine Teilordnung definiert. Man weiß so wenig, aber ein bisschen weiß man doch.

08.04.2017, 18:56:30

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

Liebe Theodora, wie ich ganz am Anfang erwähnt habe, war ich in Kontakt mit HvS. Sein Vortrag findet sich hier: https://www.academia.edu/32201405/\_Zeit\_in\_Entenhausen Ehe ich über die Storchschen Theorien nachdenke, möchte ich aber erst einmal Material sammeln. Hans strickt gern mit der heißen Nadel.

08.04.2017, 19:09:43

Profilbild von Ostsibirischer Korjakenknacker

Ostsibirischer Korjakenknacker

@ostsibirischer_korjakenknacker

Dazu hat Hans von Storch auf dem Hamburger Kongress Bedenkenswertes geäußert. Wenn ich es richtig verstanden habe, ... Es kann aber sein, dass ich das richtig erfasst habe. Die Idee finde ich jedenfalls faszinierend.

Du hast es absolut richtig verstanden. Und auch ich fand den Vortrag spannend, nur: eines der drei Grundprinzipien der Wissenschaft (jeder, auch der donaldischen) lautet: Ein und dasselbe kann nicht im Hinblick auf denselben Umstand, zur selben Zeit in in derselben Hinsicht zugleich sein und nicht sein (unbeschadet einzelner(scheinbarer) Ausnahmen im der Quantenphysik). Wenn wir das ausser Acht lassen, dann kann man Forschung insgesamt vergessen. Wenn wir es beachten und HvS's These stimmt, dann müssen wir von x verschiedenen parallelen Duck-Universen ausgehen, die parallel existieren, was faszinierend ist, aber unsere Forschung auf immer eine und genau eine "Geschichte" beschränken, was auch große Einschränkungen bedeutet (aber die Faszination genau dieses Gesprächsfadens deutlich erhöhen würde) ... Wie ein glückloser ehemaliger Kanzler bei uns es mal formuliert hat: Es ist alles sehr kompliziert.

09.04.2017, 04:50:03

Profilbild von paTrick

paTrick

@patrick

Ich sehe mich genötigt, meinen eigenen Senf dazuzugeben: Ja, Dinge können gleichzeitig existieren, das wissen wir aus der Quantenmechanik (in der Theorie von Allem findet sich auch eine oberflächliche Erläuterung). Die Möglichkeit der Existenz fast unendlich vieler paralleler Universen wird heuer von den meisten Kosmologen akzeptiert (vor 13 Jahren war das beileibe noch nicht so). Die Sache krankt aber daran, dass man Paralleluniversen nach heutigem Wissensstand prinzipiell nicht nachweisen (aber auch nicht widerlegen) kann. Folgt man dem, landet man bei HvS'ens "Parallelzeit", und dass hieße, wie forschen tatsächlich nur an jeweils 1 Bericht. Eine vergleichsweise unsympathische Vorstellung. Blöderweise ist Sympathie keine wissenschaftliche Kategorie. Ein Ausweg bestünde natürlich darin, den Barks-Fuchs-Kosmos als Einheit zu definieren. Definitionen sind schließlich erlaubt.

09.04.2017, 08:05:27

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

Ich glaube, ihr seht das alles zu einfach. Vielleicht gibt es zwei fundamentale Theorien, den Barksismus und den Fuchsismus, die man noch unter einen Hut bringen muss wie die Relativitäts- und die Quantentheorie. Im Barksismus läuft alles viel intuitiver ab als im Fuchsismus. Die Schnabellänge nimmt ab, so wie im zweiten Hauptsatz die Entropie zunimmt. In US 36 lernt der Herr Generaldirektor eine fremde Hexe kennen und in US 38 kennt er sie dann schon. Im Fuchsismus ist alles stochastischer. Die Schnäbel sind mal kurz und mal lang. US 38 kommt lange vor US 36. Der erste Januar 1957 ist ein Sonntag. PaTrick Bahners wurde 1967 geboren. (Das aktuelle Mickymausheft an seinem Geburtstag war übrigens mit 16 Seiten Barksberichten gefüllt, wenn das was zu bedeuten hat. Die Alaskakatastrophe wurde an seiner Wiege besungen.) Erika Fuchs aber - und wer wollte sie der Lüge zeihen - entdeckt ihn schon in einer Reportage, die bereits 1948 in den USA erschienen ist. Er war also wie Schrödingers Katze eine gewisse Zeit lang gleichzeitig tot und lebendig. Ich meine, HvS hat die Glocken gehört, aber er weiß nicht, wo sie hängen. Bei uns, im Einflußbereich von Ehapa, ist die Zeit aus den Fugen geraten. Bei uns gibt es eine temporale Instabilität, die uns noch Rätsel aufgibt. Nicht bei den Ducks.

09.04.2017, 09:14:02

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Ich glaube, ihr seht das alles zu einfach.

Gut möglich. Aber nimmst du denn an, dass der Zeitpunkt der Berichterstattung etwas zu tun hat mit der Zeit, über die berichtet wird? Dafür gibt es m.E. keinen Grund. Barks ist ein Erzähler, und wir nehmen an, dass das, was er erzählt, wahr ist, weil er Einblick in die Welt von Entenhausen hatte, wie auch immer. (Erika Fuchs als "Medium" zu sehen, davon halte ich nicht viel. Aber das ist ein andere Geschichte.) Wenn ich aus meinem Leben erzähle, kann das ein Ereignis von gestern sein oder von vor (ahem!) 60 Jahren. Wann ich das erzähle, hat mit der zeitlichen Abfolge der erzählten Ereignisse nichts zu tun. Ich meine, das gilt auch für Barks' Berichte aus Entenhausen.

09.04.2017, 16:43:21

Profilbild von Coolwater

Coolwater

@coolwater

Es gibt Reportagen, in denen Donald vier Knöpfe an der Jacke hat und solche, in denen es nur zwei sind. (Es gibt auch solche, in denen er seine Jacke nicht trägt. Die muss ich ignorieren.) Die mit den vier Knöpfen sind in den USA vor denen mit zwei Knöpfen erschienen.

Ist es denkbar, daß Donald Duck mehr als ein Jäckchen besitzt – und auch trägt? Und das eine hat zwei Knöpfe und das andere vier? Ich stelle mir gerade vor, wie in hundert Jahren irgendein Kerl Coolwater-Fotos begutachtet und feststellt: Oh, da trägt er ein weißes Hemd und da ein schwarzes! Klar, das müssen zwei unterschiedliche "Phasen" sein … Viel Spaß beim Sortieren! Für eine wesentlich härter zu knackende Nuß halte ich die schon erwähnten Veränderungen der Schnabellänge und andere deutlich sichtbare Gestaltwandeleien, die die Ducks über den Berichtszeitraum durchmachen, zum Beispiel die anfangs größeren Köpfe der Kinder oder daß die Ducks später "aufrechter" gehen und im Verhältnis zu den Kynoiden größer sind. Um ehrlich zu sein, mir graust's bei dem Gedanken, daß die Ducks alle naselang und in wildem Wechsel ihre Form ändern. Ich nehme deshalb an, daß die Berichtsabfolge zumindest grob auch der Ereignisabfolge entspricht.

09.04.2017, 20:00:34

Profilbild von Salvatore Speculatio

Salvatore Speculatio

@salvatore_speculatio

Für eine wesentlich härter zu knackende Nuß halte ich die schon erwähnten Veränderungen der Schnabellänge und andere deutlich sichtbare Gestaltwandeleien, die die Ducks über den Berichtszeitraum durchmachen, zum Beispiel die anfangs größeren Köpfe der Kinder oder daß die Ducks später "aufrechter" gehen und im Verhältnis zu den Kynoiden größer sind. Um ehrlich zu sein, mir graust's bei dem Gedanken, daß die Ducks alle naselang und in wildem Wechsel ihre Form ändern. Ich nehme deshalb an, daß die Berichtsabfolge zumindest grob auch der Ereignisabfolge entspricht.

Das subjektiv Verzeichnende ist das objektiv Abzeichnende. Geht es nicht auch uns mit dem einen oder anderen Nachbarn so? Wirken heute sein Haupthaar nicht lichter, seine Nase größer und rötlicher als gestern? Sieht die Ehefrau während eines Ehekrachs nicht anders aus als gestern beim romantischen Stelldichein? Barks zeichnete (subjektivistisch), was er jeweils sah. Mal wirkten(!)die Schnäbel, die Hälse länger, mal kürzer, die Köpfe mal größer, mal kleiner, und er zeichnete, was er sah. Barks war kein Fotorealist. Beste Grüße Salvatore

10.04.2017, 04:30:48

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

> Barks ist ein Erzähler, ... Ich glaube, Barks war ein Historiker. Wie Gibbon. Das heißt nicht, dass er sich sklavisch an die lineare Reihenfolge gehalten hat. Zum Beispiel hat er FC 367 (Kummersdorf) in zwei Teilen abgeliefert, während er dazwischen noch über andere Dinge berichtet hat. Erika Fuchs ist dann noch einmal über die Berichte drübergegangen und hat dabei lokal subtile Feinheiten korrigiert, die ganz und gar nicht offensichtlich sind. Ein Lichtstrahl kann gleichzeitig aus Wellen und Teilchen bestehen. Das wusste Sir Isaac noch nicht, wenn er durch ein Prisma schaute. Das schlechte Wetter kann gleichzeitig durch die Atombomben und die Mondflüge verursacht sein. Als Fuchs 1957 den Atombomben die Schuld gab, lagen die Mondflüge noch in der Zukunft. Hier kommt der Fluss der Zeit ins Spiel. https://de.wikipedia.org/wiki/Energie-Zeit-Unsch%C3%A4rferelation Erst ab ab Apollo 8 (1968) war es überhaupt möglich, den Dualismus Atombomben-Mondflüge für die Ursache der Wirbelstürme empirisch nachzuprüfen. Einige Zeit später hat Erika Fuchs dann auch verkürzt darüber berichtet. Klimaforschung war nicht ihr Thema. Grund für die zunächst unvollständige Berichterstattung war eine Zeitunschärfe, aber nicht eine in Entenhausen, sondern eine in Schwarzenbach.

10.04.2017, 08:21:41

Profilbild von Fährmann

Fährmann

@faehrmann

Ich glaube, Barks war ein Historiker. Wie Gibbon.

Gibbon war Historiker, der Berichte von Chronisten verglichen, überprüft und zuammengefasst hat. Barks würde ich insofern eher als Chronist bezeichnen. Das passt auch gut zur Diskussion... Ahoi!

10.04.2017, 12:20:15

Profilbild von Duckimaus

Duckimaus

@duckimaus

Beppo, Frau Fuchs hat nie behauptet, dass es die Mondflüge seien. Denn in der ursprünglichen Version haben die Atombomben das Wetter beeinflusst. Aber dann schlug die Zensur zu, und Frau Fuchs musste den Text ändern. Das ändert aber nicht die Wahrheit, dass die Atombomben das Entenhausener Klima beeinflussen. Oder sind im Donaldismus beide Übersetzungen gleichwertig?

10.04.2017, 14:16:15

Profilbild von Coolwater

Coolwater

@coolwater

Ich glaube, Barks war ein Historiker. Wie Gibbon.

Gibbon war Historiker, der Berichte von Chronisten verglichen, überprüft und zuammengefasst hat. Barks würde ich insofern eher als Chronist bezeichnen.

Die Chronisten des Altertums und Mittelalters haben sich für die Erstellung ihrer Chroniken aber ihrerseits bloß der Berichte anderer bedient. Barksens Rolle sehe ich treffender mit "Reporter" oder "Berichterstatter" beschrieben – wie im Donaldismus ja auch gängig. Wobei bei ein Reporter in einer Zeitung oder Zeitschrift mit eigenen Worten beschreibt, was er erlebt oder gesehen hat, und auch Fernsehreporter geben gewöhnlich unentwegt ihren Senf zu dem ab, was sie zeigen. Einen "Kommentar" des "Reporters" finden wir bei Barks dagegen nur in den Erklär- und Überleitungskästen. Und der Barks-"Film" ist natürlich geschnitten. Möglicherweise ist das Medium Barks treffender als intelligente Kamera (mit Mikro) beschrieben. Von einer fotorealistischen Wiedergabe, soweit mit schwarzen Tuschestrichen machbar, gehe ich dabei aus.

10.04.2017, 14:24:57

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

Duckimaus, Erika Fuchs hat die Reportagen für den Zweitabdruck noch einmal neu bearbeitet. Von einer sytematischen Zensur dabei ist mir nichts bekannt. Ich glaube nicht, dass 1969/70 das Wort Atombombe so anstößig war, dass man es wegzensiert hätte. Im MMM war man viel später pölitisch korrekt, dass die Schwarte gekracht hat. Wenn Oma "Herr du meine Güte!" gesagt hat, dann hat sich gleich eine hysterische Mutter über die Gotteslästerung beschwert. Du hast deine Theorien und ich habe die meinen.

10.04.2017, 14:37:42

Profilbild von Duckimaus

Duckimaus

@duckimaus

Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass Geschichten im Micky-Maus-Heft zensiert wurden, aus diversen Gründen, sei es Gewalt oder weil sie politisch nicht korrekt waren. Hier sind ein paar Beispiele, unter anderem auch die Atombombe und Mondflüge. 1958 noch erlaubt, in den 70ern musste zensiert werden. http://www.zensur-archiv.de/index.php?title=Comics#Donald_Duck_zu_gewaltt.C3.A4tig.2C_Deutschland_1951.2F2009

10.04.2017, 14:43:08

Profilbild von Coolwater

Coolwater

@coolwater

Im MMM war man viel später pölitisch korrekt, dass die Schwarte gekracht hat. Wenn Oma "Herr du meine Güte!" gesagt hat, dann hat sich gleich eine hysterische Mutter über die Gotteslästerung beschwert.

Das habe ich aber immer ganz anders gelesen: Der Verlag ist es, der heute alle christlichen Bezüge tilgt, weil er glaubt, atheistische, muslimische und was ich noch für Leser könnten daran Anstoß nehmen. Siehe auch hier: http://www.duckipedia.de/Religion "Um sowohl Atheisten wie auch Anhänger anderer Religionen nicht zu befremden bzw. zu verärgern, ist man in jüngerer Zeit dazu übergegangen, in den Comics auch nur den leisesten Hauch einer Andeutung des Themas Religion im Keim zu ersticken. Dies führte beispielsweise dazu, dass Oma Duck ihr langjähriger Standardspruch "Herr du meine Güte!" abhanden kam." "Oje", "Herrje", "Menschenskind" dürfte es da natürlich auch nicht mehr geben ...

10.04.2017, 14:56:55

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Mal zurück zur Ausgangsfrage nach Kreuz-Referenzen und der Frage der zeitlichen Abfolge von Ereignissen. Da stimme ich Herrn Blubber L. zu, der schrieb, erklärungsbedürftig sei doch in erster Linie die Frage, wieso die Ducks in jeder neuen Geschichte immer wieder bei Normal-Null anfangen.

Das ist ja das große Rätsel: ... Was passiert in Entenhausen zwischen den Panels / Was passiert zwischen den Berichten? Umwälzende Ereignisse am Ende eines Berichts (Flucht, Zerstörung, finanzieller Ruin, Eintritt in die Fremdenlegion), die unbedingt tiefe Einschnitte im Leben hinterlassen müssten, aber trotzdem in anderen Berichten nicht weiter erwähnt werden, geben uns wirklich Rätsel auf.

Vielleicht kann diese Frage dereinst im Rahmen einer alles umfassenden neuen Theorie geklärt werden. Ich weiß es nicht. Aber wieso beginnt KEINE Geschichte in Timbuktu? Wieso beginnt keine Geschichte mit vier verzweifelten, auf den Trümmern ihres Hauses sitzenden Ducks? Diesem Phänomen gegenüber sind Fragen wie vier oder zwei Knöpfe, längerer oder kürzerer Schnabel, Geschirrspülmäschine vorhanden oder nicht vorhanden doch sekundär. Ansonsten: Historiker, Chronist, Reporter, Berichterstatter ... Für mich ist Barks ein realistischer Erzähler. Er versucht nicht zu verstehen und zu begründen wie ein Historiker. Er berichtet nicht interessegeleitet wie ein Chronist. Er steht nicht an der Front aktueller Ereignisse wie ein Reporter. Und er erzählt viel besser als ein bloßer Berichterstatter. "Erzähler" heißt ja nicht "Schriftsteller" oder gar "Comic-Autor". Barks erzählt, was er aus Entenhausen weiß, er erzählt es ohne Ausschmückung, ohne Interpretation, ohne Erklärung und ohne aufdringliche Moral. Er erzählt wie ein weiser alter Mann in einer Gesellschaft, in der alles tiefere Wissen mündlich weitergegeben wird. Manchmal kryptisch, manchmal ironisch, oft in vieldeutigen Bildern, in Parabeln und Metaphern, deren Deutung dem Zuhörer überlassen wird.

10.04.2017, 19:12:47

Profilbild von Ostsibirischer Korjakenknacker

Ostsibirischer Korjakenknacker

@ostsibirischer_korjakenknacker

KANN man denn erzählen, ohne zu interpretieren? Wenn ich da an die Geschichtsschreibung denke ... von Herodot bis Hubert Wolf: Selektion und Gewichtungsentscheidungen ... Und was ist das anderes als interpretieren?

10.04.2017, 19:33:26

Profilbild von Theodora Tuschel

Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Stimmt, man kann nicht erzählen ohne zu interpretieren. Das hat Barks als Erzähler auch nicht getan. Genau deshalb hat er einzelne Panels gezeichnet und andere von dazwischen liegenden Ereignissen ausgelassen. Was wir heute bedauern, denn das, was dazwischen liegt, kann sehr interessant sein. "Ohne Interpretation" meinte ich in dem Sinne: "ohne selbstverfasste hoheitliche Erklärung der Ereignisse und was sie für die Zuhörer/LeserInnen und für künftige Generationen zu bedeuten haben".

10.04.2017, 20:17:29

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

@Duckimaus: Einfach nicht alles glauben, was der elektronische Kasten so ausspuckt. http://www.zensur-archiv.de/index.php?title=Comics#Donald\_Duck\_zu\_gewaltt.C3.A4tig.2C\_Deutschland\_1951.2F2009 Ob es sich hier in jedem Fall um Zensur handelt, was auch immer das ist, wäre zu untersuchen. Wenn in einer Reportage der Herr Rössel bei der Zweitveröffentlichung plötzlich Brösel heißt und bei Barks in den USA sowieso ganz anders, dann ist das IMHO keine Zensur. Wenn aus einem Truthahn ein Füllhorn wird, dann ist das Zensur, aber vielleicht doch keine üble Verfälschung. Erika Fuchs hat oft Behauptungen von Carl Barks korrigiert. Zum Beispiel hat sie einmal aus Feldhockey Fußball gemacht oder aus Hamburgern Pichelsteiner. Und oft hat sie auch sich selbst korrigiert (nicht zensiert). Kennst du irgendwelche Indizien dafür, dass bei Ehapa das Wort Atombombe 1969/1970 auf der schwarzen Liste stand? Ich sehe hier einen Unterschied zwischen Barks und Fuchs. Barks berichtet. Fuchs setzt die dicke Brille auf und untersucht genauer. Geradezu quantentheoretisch. Ein Photon kann durch den linken Schlitz fliegen oder durch den rechten. Erst der Messprozess entscheidet, ob es der linke oder der rechte war. Beim nächsten Mal ist es dann vielleicht der andere. Auch die Zeit ist in der Quantenmechanik unscharf (siehe Link oben). Vielleicht liegt Entenhausen sowohl in der Zukunft als auch in der Vergangenheit. Namen sind Schall und Rauch, wie schon mein entfernter Onkel Wolfgang gesagt hat. Herbert Frahm war gleichzeitig auch Willy Brandt. Vielleicht heißt der Bauer Rössel auch Brösel. Vielleicht hat Erika Fuchs ja immer eine Messung durchgeführt, wenn sie ein Manuskript geschrieben hat. Einmal kam dabei Rössel heraus und einmal Brösel. Vielleicht kann ein Metallatom potentiell sowohl Gold als auch Uran sein. Und diese Symmetrie wird erst gebrochen, wenn ich nachschaue. Gerade diese Fälle von vermeintlicher Zensur liefern uns vielleicht besonders wichtige Informationen über Entenhausen.

11.04.2017, 10:48:36

Profilbild von Bürgermeister von Timbuktu

Bürgermeister von Timbuktu

@buergermeister_von_timbuktu

Vielleicht kann diese Frage dereinst im Rahmen einer alles umfassenden neuen Theorie geklärt werden. Ich weiß es nicht. Aber wieso beginnt KEINE Geschichte in Timbuktu? Wieso beginnt keine Geschichte mit vier verzweifelten, auf den Trümmern ihres Hauses sitzenden Ducks? Diesem Phänomen gegenüber sind Fragen wie vier oder zwei Knöpfe, längerer oder kürzerer Schnabel, Geschirrspülmäschine vorhanden oder nicht vorhanden doch sekundär.

Warum würde ein Bericht in Timbuktu einsetzen? Wenn du einen Schwank aus deiner Jugend zum Besten gibst und anschließend nach einem weiteren Schwank gefragt wirst, erzählst du da weiter wo du beim letzten Mal aufgehört hast? In der Regel wirst du mit dem nächsten Schwank dort beginnen, wo dieser seinen Anfang nahm. Und beim nächsten genau so verfahren. Wenn ich dem Leuchtkamel auf dem Weg zur ZK der SED von meinen letzten drei Basketballspielen erzähle (ach, wie da immer die Augen des Kamels leuchten, daher auch der Name), dann erzähle ich von den Spielen, nicht von der Rückreise vom ersten Spiel und der Woche, bis es wieder losging. Das ist doch der normale Lauf der Dinge. Barks hat uns nie berichtet, wie Onkel Dagobert nach dem Kummersdorf-Vorfall sein Geld wieder zurück erhielt. Der nächste Bericht zeigte: Er hatte es wieder. Wie es genau geschehen ist? Darüber mag es verschiedene Theorien geben, Don Rosa hat ja eine eigene, die er uns präsentiert hat. Die Idee ist genau so gut oder schlecht wie jede andere auch. Vielleicht hat ja die Eisenbahn wirklich 272 Jahre gearbeitet, die Zeit vergeht ja ein Entenhausen anders. Man weiß so wenig.

11.04.2017, 23:18:57

Profilbild von Beppo

Beppo

@beppo

> Vielleicht hat ja die Eisenbahn wirklich 272 Jahre gearbeitet, die Zeit vergeht ja ein Entenhausen anders. Das hat mich schon immer beschäftigt. Einmal feiert Dagobert ja seinen 75. Geburtstag. Das legt ja nahe, dass die Ducks eine ähnliche Lebenserwartung wie wir haben. Um mal eine Theorie aufzustellen: Dagobert will in der Höhle unter Kummersdorf so eine Art Goldmine errichten. Die wird dann über Jahrhunderte von ihm und später dann von seinen Erben ausgebeutet. Wenn er dieses Geschäft erst einmal etabliert hat, kann er sich wieder anderen Einkommensmöglichkeiten widmen. Aus der Geschichte mit der Fischwährung wissen wir ja, dass er das Talent besitzt, schnell wieder reich zu werden. Das geschürfte Geld bringt er dann in einen seiner Geldspeicher. Darunter könnten dann zum Beispiel auch die 10-Kreuzer-Stücke von 1916 sein, die in einer anderen Geschichte vorkommen. In der Forstwirtschaft beispielsweise denkt man ja auch in Jahrhunderten.

12.04.2017, 08:02:49

Profilbild von Ostsibirischer Korjakenknacker

Ostsibirischer Korjakenknacker

@ostsibirischer_korjakenknacker

In der Forstwirtschaft beispielsweise denkt man ja auch in Jahrhunderten.

Naja, wir wollen nicht übertreiben ... die normale Umtriebsdauer für Kulturwald liegt in Mitteleuropa bei durchschnittlischen Boden- und Lageverhältnissen bei ca. 70 Jahren. Jahrhunderte stimmt dann, wenn Du den Wald sich selbst überlässt. Aber wenn er - wie bei uns - gehegt und gepflegt und nachhaltig genutzt und aufgeforstet wird, dann geht sich das aus. Wobei: Das ist dennoch länger, als ein Wirtschaftskonzept zeitgemäß sein müsste. Von den Bäumen, die ich in den vergangenen Wochen gepflanzt habe, werden meine Enkel (sollten sich welche einstellen) vielleicht mal was haben. Ich notiere: mögliches Forschungsthema: Waldwirtschaft in Entenhausen. cet.cens.: Was geschah mit Oberst Ölmütz (nicht Olmütz, wie ich es falsch im Kopf hatte und der Große Wollina es schreibt)?

12.04.2017, 08:09:51

Profilbild von Duckimaus

Duckimaus

@duckimaus

Vielleicht hat ja die Eisenbahn wirklich 272 Jahre gearbeitet, die Zeit vergeht ja ein Entenhausen anders. Man weiß so wenig.

Vielleicht haben die Ducks eine andere Methode gefunden, wie man das Geld in kurzer Zeit bergen kann, es wurde nur nicht darüber berichtet.

12.04.2017, 15:35:42

Du musst angemeldet sein, um hier posten zu können.