Aber es ist DAS Urdokument des wissenschaftlichen Donaldismus, deshalb gehört es in die Zentralbibliothek der D.O.N.A.L.D.
Insofern als mit dem Buche der Begriff Donaldismus mit Paukenschlag auf die Bühne trat, mag man es wohl als das Urdokument des wissenschaftlichen Donaldismus bezeichnen. Man muß aber doch sehen, daß bereits 1970, drei Jahre bevor Gisle sein Buch veröffentlichte, in Deutschland mit Die Ducks. Psychogramm einer Sippe von Grobian Gans ein Werk erschien, dem man bei gerechter Würdigung den Lorbeer zusprechen muß, die tatsächlich erste donaldistische Einzelschrift der Welt gewesen zu sein – das in dieser Vorsicht gesagt (weiß der Himmel, ob nicht in irgendeinem kruden hektographierten Schüler- oder Studentenblättchen zwischen Berlin oder Berkeley schon Ende der Sechziger in Form einer Glosse oder eines Artikelchens unbemerkt ein erster kleiner donaldistischer Versuchsballon aufgestiegen ist). Gansens Buch ist gegenüber dem Gisles auch schon viel mehr wissenschaftlich-donaldistisch in dem Sinne, wie wir es verstehen, als Gans völlig richtig mit der Grundannahme arbeitet, daß es sich bei den vermeintlichen "Comicgeschichten" über die Ducks um Berichte über wirkliche Ereignisse handelt. Und Grobian Gans hat klar erkannt (d. h. die drei Verfasser Czernich, Reichert und Moos, die sich hinter dem Namen verschanzten, haben es), daß die neue Wissenschaft nun darin bestehen muß, diese wirkliche Welt der Ducks mit dem Werkzeug, das uns aus sämtlichen Wissenschaftsgebieten zur Verfügung steht, nach allen Regeln der Kunst zu zerlegen, sie von den unterschiedlichsten Blickwinkeln auszuleuchten und als Ganzes zu erschließen. Gans machte den Anfang mit dem großen Versuch einer Seelenkunde der Ducks. Daß Gansens Blick an manchen Stellen noch getrübt war, daß der Quellenstoff, aus dem er kühn sein Seelenbild der Duck-Sippe baute, noch verunreinigt war, weil er Nichtbarksisches mit in seine Untersuchung einbezog – war er denn blind, fragt man sich, sah er denn nicht, was jedes Kind sah? –, all das tut dem von Grund auf Umstürzenden des Verfahrens keinen Abbruch. Tadeln mag man Dreifachwesen "Grobian Gans" vielmehr dafür, daß in Die Ducks. Psychogramm einer Sippe diese kopernikanische Wende geräusch- und erklärungslos vollzogen wird, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt! Man faßt sich geradezu an den Kopf! Nicht ein Wort wird darüber verloren, daß mit diesem Buch nicht weniger gegeben wird als die Begründung einer neuen "Weltanschauung" – und zwar ist es die Welt der Ducks, Entenhausen oder wie wir es heute gerne heißen: Stella Anatium, die da "angeschaut" wird, und zwar nach den Regeln zünftiger Wissenschaft! Es hat vielleicht auch diese Wortlosigkeit der Verfasser über das, was da eigentlich geschieht in und mit diesem schmalen Bändchen, das da 1970 erscheint, verhindert, daß das Buch bei aller Beachtung, die es gefunden hat und bis heute findet, in seiner echten geschichtlichen Bedeutung gewürdigt wird. Dabei sind Wortlosigkeit und Bescheidenheit nun wirklich keine donaldischen Tugenden. Im Vergleich zu Die Ducks. Psychogramm einer Sippe, einem Buch, das seiner Zeit zehn Jahre vorausschritt, muß man die 1973 erschienene Arbeit Gisles vermutlich beinahe schon als Gegenschlag des alten Glaubens (der "Orthodoxie") bewerten. Und dieser Gegenschlag wirkte sich womöglich gerade deswegen, weil er so einschlug, sogar verzögernd darauf aus, daß sich das wirklich umstürzende Weltbild durchsetzte, wie ihm "Grobian Gans" den Weg zu bahnen trachtete. "Vermutlich" sage ich deswegen, weil ich das Buch aufgrund mangelnder Kenntnisse in den nordischen Zungen gleich vielen hier bis jetzt nicht lesen konnte und mir deswegen kein sicheres Urteil darüber erlauben will und kann. Ich bin über die Gegenstände, die darin behandelt werden, nur oberflächlich unterrichtet. Nach allem, was ich darüber weiß, besteht allerdings ein Hauptinhalt des Buches in der Übung, die Veröffentlichungsgeschichte der Donald-Duck-Erzählungen in unserer Welt in verschiedene "donaldistische" Zeitabschnitte einzuteilen (wobei Gisle genausowenig wie Gans an den Grenzen der Barksschen Welt Halt macht und, deren Ränder weit überschreitend, in die Tiefen wahrer Höllenwelten taucht, indem er es zum Beispiel für nötig hält, einen hergelaufenen Kaschperl wie "Dussel Duck" "also known as" "Fethry", den es in Wirklichkeit gar nicht gibt, mit einer eigenen "Epoche" zu ehren ["Fethryism"]). Ich weiß nicht, ob Gisle schon erkannt hat, daß Entenhausen wirklich ist, aber das alles riecht arg nach einem bloß "äußeren" Donaldismus. Gisle sieht den Widerschein des Lichtes, aber nicht das Licht selbst. Wie auch immer, eine Übersetzung des Werkchens ins Deutsche ist längst überfällig. Aber doch bitte sauber und gescheit gemacht. Scheitern ist donaldisch, aber wenn's um sprachliche Dinge geht, läßt sich in Entenhausen niemand lumpen. Selbst im Scheitern kommt dem Entenhausener ja noch seufzend ein Sprüchlein von Goethe, Schiller oder Fuchs über die Lippen.