Hallo, ich vergleiche gerade für die Uni die Fuchs-Übersetzung von "Lost in the Andes!" mit der von Renate und Peter O. Chotjewitz. Abgesehen von den furchtbaren Kürzungen und dem absolut verstümmelten Ende in der Chotjewitz- Version, für das das Chotjewitz-Team höchstwahrscheinlich nichts konnte, frage ich mich, was ihr Experten von dieser Übersetzung haltet? Mir kommt sie stellenweise ziemlich holprig vor, was aber eventuell daran liegen mag, dass ich bisher nur die Fuchs-Version (in-und auswendig) kannte ... ich finde an unpassenden Stellen zu textnah bzw. zu frei, zweimal wird "(KALIFORNIEN)" in Klammer als Kommentar hinzugefügt, die Neffen sollen gehängt werden etc. Es hat mich ehrlich gesagt erstaunt, herauszufinden, dass die Chotjewitz' renommierte Namen sind. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich von ihnen bisher noch nichts anderes gelesen habe als die Duck-Übersetzungen in "ICH DONALD DUCK" von 1974. Würde mich freuen, ein paar Meinungen zu dem Thema zu lesen 😃 VG Rafael
Fuchs vs. R&P Chotjewitz
duck313fuchs
@duck313fuchs
Was ich von Chotjewitz halte, ist kurz zu sagen: Nichts.
10.09.2022, 16:39:19
Beppo
@beppo
Zwei Vermutungen: 1. Melzer hat seine Autoren und Übersetzer sehr schlecht bezahlt. Für solide Verlagsarbeit war nicht genug Geld da. 2. Die Übersetzung stammt hauptsächlich von Renate C. Peter C. war der Prominente, der seinen guten Namen beigesteuert hat.
11.09.2022, 02:28:02
Rafa95 OP
@rafa95
Vielen Dank für eure Antworten! Die Unterbezahlung von Seiten des Melzer Verlags ist ein sehr guter Denkanstoß, die Verlagsgeschichte scheint ja eher turbulent gewesen zu sein (und die Leidenschaft für's Comicübersetzen war bei den Chotjewitz höchstwahrscheinlich auch nicht unbedingt da). Anscheinend hatten beide auch von der Übersetzung von "ICH DONALD DUCK" nicht besonders viel Erfahrung als Übersetzer gesammelt, obwohl Peter Chotjewitz' Name als Schriftsteller wahrscheinlich wirklich werbewirksamer war. Eigentlich ist es ja schon fast ein Wunder, dass sie als Übersetzer überhaupt im Buch genannt werden ... bei "ICH ONKEL DAGOBERT" aus dem gleichen Jahr werden sie nicht erwähnt. Ich frage mich, wie der Melzer Verlag überhaupt dazu gekommen ist, diese Geschichten zu veröffentlichen (zumal die Fuchs-Übersetzung von "Lost in the Andes!" ja die ältere ist)! VG
11.09.2022, 12:44:40
Coolwater
@coolwater
Die Barkse hat Chotjewitz nicht aus dem englischen Urbarks, sondern aus dem Italiano übersetzt. Drum ist's so schräg. Ich hab' auch irgendwo gelesen, daß es die Italia-Konnekschn war, entweder Chotjewitzens oder Melzers, durch die der Verlag an die Bücher kam, weiß aber nicht mehr, wo.
11.09.2022, 14:50:41
Rafa95 OP
@rafa95
Aha, okay, das macht Sinn, vielen Dank! Dann ist ein Vergleich mit Fuchs natürlich durch die Bank weg sinnlos. Weißt du eventuell noch, wo man die Info finden kann, dass die Übersetzung aus dem Italienischen war? Leuchtet ein, dass das wahrscheinlich von Chotjewitz ausgegangen ist, laut Wikipedia war er kurz vorher sechs Jahre lang in Italien gewesen und hatte 1968 schon einmal ein Buch im Melzer Verlag verlegen lassen. VG!
11.09.2022, 19:26:57
Coolwater
@coolwater
Weißt du eventuell noch, wo man die Info finden kann, dass die Übersetzung aus dem Italienischen war?
Hmmm… das ist so was, was irgendwie "jeder weiß", aber ich kann gar nicht sagen, ob es dafür je einen handfesten "Beweis" gegeben hat. Der Chotjewitz wird sich ja nicht auf der Straße auf eine Obstkiste gestellt und gebrült haben: "Ich habe die Melzer-Bände aus dem Italienischen übersetzt!" Hier zum Beispiel äußert der gute Kasimir Kapuste die Italianotheorie höchst vorsichtig nur als "Verdacht": https://www.comicforum.de/showthread.php?38163-Die-%C3%9Cbersetzungsk%C3%BCnste-der-Frau-Fuchs&p=972205&viewfull=1#post972205 Es ergibt freilich höchsten Sinn. Chotjewitz hat ja auch sonst (nur?) aus dem Italienischen übersetzt, siehe hier. Ich denke, ein Vergleich des italienischen Textes mit der Chotjewitz-Übersetzung ließe sehr schnell sehr viele "Anhaltspunkte" sprudeln, die sich zu einem Quasibeweis ballen würden. Das wäre was für eine Seminararbeit. 😉
11.09.2022, 19:49:30
Coolwater
@coolwater
Barksens und Fuchsens Bombie den Zombie tauft Chotjewitz "Gorgoro". Das Netz belehrt mich, daß der Untote in der italienischen Übersetzung des Berichts Gongoro heißt. Na, wo soll Chotjewitz das herhaben wenn nicht von da? (Die Änderung von "r" zu "n" war dann wohl, was er sich an dem Tag an dichterischer Schaffensfreude leistete.)
11.09.2022, 20:16:25
Beppo
@beppo
> Ich frage mich, wie der Melzer Verlag überhaupt dazu gekommen ist, diese Geschichten zu veröffentlichen ... Für Kohle, Kies oder Keschkesch hat die Melzerei immer alles versucht. Das hat sich in diesem Fall auch gelohnt, die Bände wurden vom Bertelsmann Lesering übernommen.
12.09.2022, 06:48:41
Rafa95 OP
@rafa95
Barksens und Fuchsens Bombie den Zombie tauft Chotjewitz "Gorgoro". Das Netz belehrt mich, daß der Untote in der italienischen Übersetzung des Berichts Gongoro heißt. Na, wo soll Chotjewitz das herhaben wenn nicht von da? (Die Änderung von "r" zu "n" war dann wohl, was er sich an dem Tag an dichterischer Schaffensfreude leistete.)
Das ist jetzt doch eine mittlere Erleuchtung, danke 😁 Das erste, was ich mich gefragt habe, als ich die Chotjewitz-Übersetzung vom Zombie Bombie gelesen habe, war, wo in aller Welt sie dieses Wort herhatten! Ist ja schon beinahe kreativ ... Vielleicht wollten sie den Buchstabentauscher vom Z zu B nachahmen, oder so etwas in der Art. Falls ja, ist es aber dann wohl eher mittelmäßig gelungen, ich wäre nie im Leben draufgekommen.
Für Kohle, Kies oder Keschkesch hat die Melzerei immer alles versucht. Das hat sich in diesem Fall auch gelohnt, die Bände wurden vom Bertelsmann Lesering übernommen.
Na, zum Glück sind sie anscheinend nicht auf den Geschmack gekommen!
12.09.2022, 19:28:19
Coolwater
@coolwater
Ich hab' jetzt Melzers Donald-Duck-Zweier-Band an einer beliebigen Stelle aufgeschlagen. Der Spionebericht. Nehmen wir also meine Namensvetterin Cornelia Coolwater, bei Barks Georgia Cornpone. Chotjewitzname: Georgia de Atlantis. Italoname laut Netz, Überraschung: Georgia de' Atlantis. Das Spiel weitergetrieben förderte wahrscheinlich jede Menge solcher "Anhaltspunkte" zutage. Und ich kann nicht mal Italienisch, habe auch nicht die italienischen Ausgaben dieser Bücher. Ich schätze, ein richtiger Sprachvergleich gelangte ohne Schwierigkeiten schnell zu Ergebnissen, die dem Beweis gleichkämen, daß Chotjewitz aus dem Italienischen übersetzt hat.
12.09.2022, 20:49:01
Coolwater
@coolwater
Noch mal zum Zombie. In der italienischen Wikipedia gibt es tatsächlich einen eigenen Artikel zu dieser Figur aus dem Anaversum: https://it.wikipedia.org/wiki/Gongoro Zum Namen heißt es da (Übersetzung von Gockel): Ursprünglich heißt die Figur Bombie the Zombie (Bombie the Zombie), jedoch wird in der italienischen Version der Geschichte (veröffentlicht auf den Nummern 7, 8 und 9 von Topolino) der Eigenname der Figur (Bombie) weggelassen, und das Wort "Zombie“ wird mit dem (zu diesem Anlaß erfundenen) Begriff "gongoro" übersetzt. Diese Wahl wurde wahrscheinlich durch die Tatsache diktiert, daß zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung in Italien die Figur des Zombies fast unbekannt war. Diese Wahl der Adaptation blieb bei den nachfolgenden Neuauflagen der Geschichte unverändert und wurde dann auch in den italienischen Übersetzungen der Saga Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden von Don Rosa und DuckTales übernommen. Es scheint den Chotjewitzens, als sie so übersetzten, nicht gedämmert zu haben, daß es sich bei den "Gongoros" um Zombies handelt! Daß die Chotjewitzens Anfang der siebziger Jahre noch nie etwas von Zombies gehört haben, mag ich nicht glauben. Ungebildet, blöde oder weltfremd waren sie wohl nicht. Dennoch: Sie sahen nicht die Not, aus den "Gongoros" Zombies zu machen. Die Umtaufe der "Gongoros" in "Gorgoros" bleibt freilich ein Welträtsel. Auf jeden Fall zeigt dieses Beispiel sehr schön, daß die Chotjewitzens kaum auf den Urbarks zurückgriffen, sei es auch nur zusätzlich, zum Abgleich. Wobei diese Vorstellung sowieso lächerlich ist: aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzen und dann noch mal den englischen Urtext zu Rate ziehen. Was sollte der Scheiß?
12.09.2022, 21:14:39
Coolwater
@coolwater
Seite vier ef vergleicht hier ein Gelehrter in Sachen Übersetzerei Barks, Chotjewitz und Fuchs (daß Chotjewitz mit Sicherheit nicht aus dem Urbarks übersetzt hat, kann der Mann der Wissenschaft nicht wissen): https://zsue.de/wp-content/uploads/2019/04/DerUebersetzer-1982-05-06.pdf
13.09.2022, 17:24:04
Theodora Tuschel
@theodora_tuschel
Hallo Rafael! Solltest du an einer Arbeit für die Uni sitzen (Hausarbeit, Prüfungsarbeit oder sonst was) zu Fragen der Übersetzung von Comic-Texten, kann ich dir mit einer Literaturliste helfen, wenn du möchtest. Höchst komplexes Thema, und genauso interessant. Bei Interesse PN an mich oder einfach Antwort hier im Forum.
13.09.2022, 18:45:06
Beppo
@beppo
Wenn ich mal an Sturgeon's law erinnnern darf: "Ninety percent of everything is crud." https://kurier.at/meinung/90-prozent-ist-schrott-sprach-der-autor/290.202.759 Es ist Vergeudung von Gehirnschmalz, über manches überhaupt nachzudenken. Die Spaghettis haben aus wunderbaren Barksgeschichten ein inferiores Produukt zusammengemurkst. Ein deutscher Verlag hat die Lizenz gekauft, weil er hoffte, damit Reibach zu machen. Ein bekannter Autor (von dem ich allerdings nie etwas gelesen habe, mea culpa) durfte seinen Namen für die Übersetzung hergeben und hat trotzdem vermutlich nur einen mickrigen Stundenlohn erwirtschaftet. Die Übersetzung hat nach dem Prinzip Stille Post einen Umweg über Italien gemacht. So what? Redet doch lieber über Schlegel/Tieck oder Luther. Das lohnt sich wenigstens.
14.09.2022, 07:35:00
Rafa95 OP
@rafa95
@ Coolwater Am schlimmsten finde ich bei der ganzen Geschichte, dass die Fuchs-Übersetzung von "Lost in the Andes!" schon existiert hat. Vielleicht hatte der Melzer Verlag keinen Zugriff auf die englische Urfassung ... würde zwar einmal mehr davon zeugen, dass die ganze Angelegenheit ohne jeglichen Enthusiasmus umgesetzt wurde, wäre aber eine Erklärung (?). Sie hätten es dann wohl lieber lassen sollen.
Seite vier ef vergleicht hier ein Gelehrter in Sachen Übersetzerei Barks, Chotjewitz und Fuchs (daß Chotjewitz mit Sicherheit nicht aus dem Urbarks übersetzt hat, kann der Mann der Wissenschaft nicht wissen)
Vielen Dank für das Dokument ... und genau das wäre mir beinahe auch passiert, wenn ich nicht hier im Forum nachgefragt hätte. 😉 Ich hatte nämlich schon einige Passagen verglichen, und als ich rausfand, dass die Chotjewitz beide literaturtechnisch nicht ganz unbedarft waren, dachte ich, irgendwas kann da nicht stimmen. @Theodora Tuschel Das könnte ich gut gebrauchen, vielen Dank!!! @Beppo Ich betrachte die ganze Angelegenheit als gutes Beispiel, wie man es nicht machen soll 😎 Wenn ich nämlich in Zukunft als Übersetzer arbeite, dann bin ich wenigstens vor Verlagen wie Melzer auf der Hut. Vielleicht erspart mir das einiges an Lehrgeld als Berufsanfänger ....
14.09.2022, 10:17:41
Coolwater
@coolwater
Ein bekannter Autor (von dem ich allerdings nie etwas gelesen habe, mea culpa) durfte seinen Namen für die Übersetzung hergeben <…>.
Ob bei der Wahl des Übersetzers eine unterstellte Zugkraft seines Namens eine Rolle spielte? Mit dem Namen Peter O. Chotjewitz wird ja nicht großartig für diese Bände die Trommel gerührt, etwa indem er auf den Buchdeckeln erschiene (wie man's bei berühmten Übersetzern von Rowohlt bis Fuchs gern tut). Wer den Namen des Übersetzers erfahren will, muß ins Impressum gucken – aber wie viele Vielleichtkäufer von Ich, Donald Duck und Co., die sich die Bände besahen, taten's? Mit dem Namen hätten viele Vielleichtkäufer eh nichts anfangen können, die Kinder, die's vor allem lesen sollten, erst recht nicht. Vielleicht fand's der Chotjewitz – der mit seinen Italokonnäckschns wohl mit dafür gesorgt hatte, die Dinger für Melzer an Land zu ziehen - einfach reizvoll, "auch mal so was" zu übersetzen. Das ist wie beim Lateinprofessor, der mal Kikero und Kaißar gute Männer sein läßt, sein Gehirn ausswitscht und sich mit einer Dose Bier in der Hand eine Monstertruck-Show anschaut. Das Ergebnis der Melzer-Übersetzungen sieht auch nach der Monstertruck-Schlacht des Jahrhunderts aus. Daß sich mit dem versteckt im Impressum gedruckten Namen Peter O. Chotjewitz alle Welt auf die Dinger stürzt, wird er selbst nicht geglaubt haben.
14.09.2022, 10:42:26
Coolwater
@coolwater
Vielleicht hatte der Melzer Verlag keinen Zugriff auf die englische Urfassung ...
Davon kann man stark ausgehen. Heute findet man ohne viel Suchens vollständige Urbarkse im Netz, und wenn die nicht, findet man zig Übersichten und Aufstellungen, wann und wo welcher Barks gedruckt wurde, und man findet zig Läden und Plattformen, Barkse zu kaufen. Demgegenüber die frühen Siebziger: kein Weltnetz, keine organisierte Fänszene, kein gar nichts. Nach dem Erstdruck 1949 ist der Andenbericht in Amien vielleicht noch ein- oder zweimal nachgedruckt worden, aber für Leute wie Melzer und Chotjewitz, die zu Barks gekommen sind wie die Jungfrau zum Kinde, ist es so gut wie unmöglich, zu wissen oder herauszubekommen, wann und wo. Nun war wohl selbst Melzer und Chotjewitz klar, daß die "Geschichten" in Io, Paperino und so weiter keine italienischen Urerzeugnisse waren, sondern Übersetzungen aus dem Amischen. Geboten wäre somit gewesen, den Verlag Mondadori in Mailand, der die italienischen Urausgaben dieser Bücher besorgte, mit dem Lizenzvertrag für deutsche Ausgaben zugleich um Ablichtungen der amischen Urbarkse zu ersuchen. Aber: Das wäre ein deutliches Mehr an Aufwand und Kosten gewesen. Und ob Mondadori selbst zu dieser Zeit die Urtexte aller amischen Disney-Comics griffbereit verwahrte, will ich bezweifeln. Die Barkse in diesen Büchern waren in Italien großteils oder sämtlich bereits viele Jahre vorher erschienen, und nach Anfertigung einer Übersetzung hat man es dort nicht unbedingt zwingend für nötig gehalten, die Urtexte abrufbereit zu "verwahren", Mondadori war kein Wissenschaftsarchiv. Wie auch immer, Melzer und Chotjewitz werden sich gesagt haben, daß eine Übersetzung aus dem unmittelbar greifbaren Italienischen das einfachste und schnellste ist und "schon paßt". Was zeigt, daß sie den Barksstoff, obgleich sie wohl dessen Güte erkannten, als Kunst und Schrifttum hohen Ranges trotzdem nicht für voll nahmen, denn dann hätte sich diese "Abkürzung" verboten. Mag man darob den Stab über sie brechen? In jenen Tagen standen sie damit nicht allein da.
14.09.2022, 11:21:27
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