Zitat oder bekannter Spruch?

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Theodora Tuschel OP

@theodora_tuschel

Peter Tarin u. Adam Kuckhoff: "Strogany und die Vermißten" (1941), S. 35 f. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Strogany\_und\_die\_Vermi%C3%9Ften

14.07.2020, 17:54:53 (bearbeitet)

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Das Schwarze Phantom

@das_schwarze_phantom

Der Spruch wurde ja sogar von den Panzerknackern wieder aufgegriffen (MM 18/71, S.3) und hat von ihnen seinen Weg zu einem bekannten Buchtitel eines Ehrenmitglieds gefunden: 😁

11.07.2020, 17:19:59

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paTrick

@patrick

oha! Teure Theodora Tuschel, kannst Du diesen Fund im Zitatenschatz https://docs.google.com/document/d/12E__5X8ZNCP07D2LPMUoRqGnFXxiWEOjesOE_JK59JM/edit eintragen?

11.07.2020, 17:26:06

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Coolwater

@coolwater

Ob die Fuchs den Kuckhoff je gelesen hat, sei mal dahingestellt, auch ob "nur keine Sentimentalitäten" ein seit alters allbekannter "Spruch" war. Jedoch habe ich nach nur einer halben Minute Suche bei Gockel einen – sogar doppelten Beleg – dafür in einem Roman aus dem Jahr 1865 gefunden (Auf der Höhe von Berthold Auerbach): https://books.google.de/books?id=OXy8AwAAQBAJ&pg=PT31&lpg=PT31&dq=%22nur+keine+sentimentalitäten%22&source=bl&ots=YDr7j\_p3mq&sig=ACfU3U3RuAmKz7mDbCOAj11m9YrXWWNbKw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiK7vivgsbqAhVNmqQKHQ5-Blc4ZBDoATAIegQIChAB#v=onepage&q=%22nur%20keine%20sentimentalitäten%22&f=false (Der Link reproduziert sich hier ziemlich schrottig, wie auch immer ich dran drehe, aber in der Vorschau hat's geklappt, daß man auf die richtige Seite des Buches geführt wird, wenn man auf das vordere blaue Ding drückt.) Daß nun der Kuckhoff den Auerbach oder die Fuchs den Auerbach gelesen haben und der das Sprüchlein in die Welt gesetzt haben soll, will ich auf keinen Fall behaupten. Wahrscheinlich wird, wer lang genug sucht, einen noch älteren Beleg ausgraben. Man kann vielleicht sagen, daß das Sprüchen wohl "schon immer" – wenn auch nicht gerade als allseits bekannte und jedermann geläufige "Redewendung" – im Umlauf war und sich schlecht belegen oder nachweisen läßt, daß der und der es von genau dem und dem übernommen hat. Ich halte es jetzt auch nicht für literarisch so raffiniert und aufsehenerregend, es steht doch eher in einer Reihe mit – bekannteren – "Redensarten" wie "nur keine falsche Bescheidenheit". Vielleicht haben unsere "Sentimentalitäten" auch mehrere Leute unabhängig voneinander immer wieder neu erfunden. Nur eine halbe Minute soll ich gebraucht haben, um auf den Auerbach-Beleg zu stoßen? Jo. Ich bin bei Gockel auf gut Glück von Seite zwei gleich zu Seite elf gehüpft, weil ich ahnte, daß ich erst einmal eine ganze Weile lang nur Fuchs und Horst um die Ohren geknallt kriegen würde …

11.07.2020, 20:46:08

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Coolwater

@coolwater

Okay, wobei ich eben festgestellt habe, daß nach Seite elf bei Gockel auch gar nüscht mehr kommt. Ein paar ältere Belege mehr immerhin noch lassen sich auf den elf Seiten rausfischen. – Hier in dem 1957 erschienenen Buch Die Mächtigen und die Hilflosen. Als Häftling in Dachau von Edgar Kupfer-Koberwitz. Möglicherweise ist das schon nach dem ersten Auftreten des Spruchs in einem Barks-Fuchs-Bericht oder in der Fuchs-Übersetzung eines Disney-Comics, aber daß Kupfer-Koberwitz ihn von da hat, möchte ich eher ausschließen: https://www.gedenkstaettenpaedagogik-bayern.de/weihnachten\_1942.php – Hier in der 1947 in Leipzig erschienenen deutschen Übersetzung von Stendhals Roman Rot und Schwarz: htt p://www.zeno.org/Literatur/M/Stendhal/Roman/Rot+und+Schwarz/Zweiundfünfzigstes+Kapitel (Bitte den Link kopieren und das Leerzeichen nach "htt" tilgen, anders krieg' ich's nicht gebacken.) – In diesem literaturwissenschaftlichen Text aus dem Jahr 1980 taucht das Sprüchlein auch auf, anscheinend als Zitat einer Figur bei Fontane oder als Zitat von Fontane selber. Ich habe das nur in der Gockel-Vorschau belugen können (da steht: "Nur keine Sentimentalitäten. Was das Schmerz lichste ist, ist zugleich auch das Alltäglichste und Gleichgültigste.»8 Soweit also entfernt sich Wüllersdorf von"), anmelden mag ich mich da nicht unbedingt, um das Ding vernünftig lesen zu können: https://www.jstor.org/stable/23980039?seq=1 – In diesem Zeit-Artikel von 1987 taucht laut Gockel-Vorschau das Zitat "Nur keine Sentimentalitäten: Volks- und Staatssicherheit geht über alles" vom "3. 7. 37" auf (Goebbels-Tagebücher?): "https://www.zeit.de/1987/42/wir-haben-sowieso-so-viel-auf-dem-kerbholz/seite-4 – Und hier in der Gartenlaube 1891: htt ps://de.wikisource.org/wiki/Seite: Die_Gartenlaube_(1891)_070.jpg (Auch diesen Link bitte in die Leiste kopieren und die Leerzeichen nach "htt" und vor "Die" tilgen.)

11.07.2020, 21:17:22

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Theodora Tuschel OP

@theodora_tuschel

Danke für deine gegockelten Halbnachweise, Coolwater. Das trifft den Kern des Problems. Gerade diese Uneindeutigkeit, was literarisches Zitat ist und was sprachliches Allgemeingut, wirkt stark abkühlend auf meine Wertschätzung des Projekts "Fuchs'scher Zitatenschatz". Wenn Donald seine Neffen mit goethischen Worten zum Arbeiten auffordert: "Frisch ans Werk!" ("Die Wünschelrute", BL-WDC 16,28), ist das dann ein Zitat aus Goethe: Faust I: Studierzimmer (1), Mephistopheles: „Nur frisch ans Werk!“, und/oder aus Goethe: Faust II, 3. Akt, Phorkyas zum Chor: „Genug, ihr seid verloren! Also frisch ans Werk“, oder ist es einfach Erika Fuchs, die Donald mal wieder auf eine ironische Sprachebene hebt? Das Fontane-Zitat stammt übrigens aus einem Brief von Fontane an seine Tochter Martha vom Juli 1888: "Heute kam die Nachricht von Storms Tod. Aber mit Blechmusik immer weiter und immer heiter vorwärts, bis man selbst fällt. Nur keine Sentimentalitäten." - Als Fontane-Kennerin wusste ich doch, dass es kein Zitat aus "Effi Briest" ist. Reine Angeberei, dass ich das hier poste.

12.07.2020, 17:36:25

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paTrick

@patrick

Werte Theodora Dass die "Uneindeutigkeit, was literarisches Zitat ist und was sprachliches Allgemeingut" Deine Wertschätzung des Projekts "Fuchs'scher Zitatenschatz" abkühlt, finde ich sehr schade. Die Temperatur Deiner Wertschätzung in allen Ehren, aber der Plan hinter dem Projekt ist doch, all das Literarische zusammenzutragen, was die Füchsin den Enten in den Mund gelegt hat. Und wenn ein Spruch wie "Nur keine Sentimentalitäten" in der Literatur auftaucht, dann ist es ein literarisches Zitat. Da sagte mir beispielsweise unlängst jemand "Hier stehe ich und kann nicht anders", und wusste doch nicht, dass es sich um ein Lutherzitat handelt, sondern hielt es für "sprachliches Allgemeingut". Ein Zitat war's aber trotzdem. Und so ist auch mit "Nur keine Sentimentalitäten". Die Füchsin hat nie von sich behauptet, sich solcherlei selbst ausgedacht zu haben. Manches hat sie beim Lesen aufgeschnappt, anderes in der Straßenbahn. Wenigstens ersteres können wir mit Hilfe des "Zitatenschatzes" dereinst identifizieren und zu seinen Quellen zurückverfolgen. Da das Zusammentragen aller Zitate für einen Einzelnen kaum zu schaffen wäre, möchten wir mit unserer Datensammlung das Wissen Vieler nutzen. Bisher lässt es sich auch ganz gut an.

13.07.2020, 18:27:59

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Theodora Tuschel OP

@theodora_tuschel

Und wenn ein Spruch wie "Nur keine Sentimentalitäten" in der Literatur auftaucht, dann ist es ein literarisches Zitat.

Nein, nichts dergleichen. Ein Zitat ist eine bewusste Übernahme einer (mehr oder weniger) bekannten Textstelle in einen anderen Zusammenhang. Oder auch eines Bildes, einer Musik, einer Filmsequenz. Nur weil eine sprachliche Redewendung auch in der gedruckten Literatur auftaucht, ist sie noch lange kein Zitat. Coolwater hat klar gemacht, dass mein scheinbar gefundenes Zitat aus "Strogany" eben keins ist. Natürlich gibt es in den Fuchstexten genügend Zitate, die zu sammeln sich wahrscheinlich lohnt - da hat Ernst Horst wesentliche Vorarbeit geleistet. Aber das sollte nicht in Beliebigkeit verwabern. Wenn Shakespeare mal irgendwo geschrieben hat "Who cares?" und ein Übersetzer hat auf Deutsch "na und?" draus gemacht, und Donald sagt das - ist das ein Zitat? Will sagen, die Hürden für die Aufnahme eines Fuchs-Zitats in den Fuchs'schen Zitatenschatz sollten höher gesetzt werden, wenn die Sache Sinn haben soll.

13.07.2020, 20:33:46

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paTrick

@patrick

Ein Zitat ist eine bewusste Übernahme einer (...) Textstelle

Au contraire, teure Theodora! Das "bewusst" kommt in der Definition des Zitatbegriffs gar nicht vor. Hast Du gerade erfunden, hihi.

14.07.2020, 06:23:55

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Der Sumpfgnom

@der_sumpfgnom

Was ist beim Zitat eigentlich wichtiger: Wer es zuerst gesagt hat, oder der Bekanntheitsgrad? Ein bekanntes Zitat aus unser heutigen Zeit ist z.B. "Wir schaffen das!". Jeder halbwegs gebildete Mensch ordnet diesen Ausspruch sofort Angela Merkel zu. Dieser Satz hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Dabei hatte bereits Siggi Gabriel nur eine Woche zuvor im gleichen Kontext (Flüchtlingspolitik) diesen Satz von sich gegeben. Eine Zitatensammlung zu erstellen halte ich daher für äußerst schwierig. Vielleicht sollte man sich vorher ein paar Regeln überlegen.

14.07.2020, 07:25:19

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Raskolnikow

@raskolnikow

Ein bekanntes Zitat aus unser heutigen Zeit ist z.B. "Wir schaffen das!". Jeder halbwegs gebildete Mensch ordnet diesen Ausspruch sofort Angela Merkel zu. Dieser Satz hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Dabei hatte bereits Siggi Gabriel nur eine Woche zuvor im gleichen Kontext (Flüchtlingspolitik) diesen Satz von sich gegeben.

Und ich habe das schon 1996 gesagt, als ich mit einem Freund bei einem Umzug eine Waschmaschine die Treppe hochgewuppt habe. Hat nur kaum jemand mitbekommen. Oder so ähnlich. Ich glaube mich auch undeutlich zu erinnern, daß ein Freund des Schwagers meines Ururgroßvaters in der Kaiserzeit mal das Wort "Sentimentalitäten" benutzt hat. Und auch so mancher Soldat Cäsars stand seinerzeit in Gallien und konnte nicht anders. Aber wahrscheinlich hat er das auf Latein ausgedrückt. Luther hat das wohl nur frei übersetzt.

Eine Zitatensammlung zu erstellen halte ich daher für äußerst schwierig. Vielleicht sollte man sich vorher ein paar Regeln überlegen.

Das hast Du wunderbar euphemistisch ausgedrückt.

14.07.2020, 09:38:28

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lapplöschmann

@lapploeschmann

"Wir schaffen das" Verbinde ich mit einem kleinen amerikanischen Allroundhandwerker, den meine Kinder oft im Fern sahen. So wie alle Handwerker alles schaffen. Lapp.MdD

14.07.2020, 12:01:51

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Kassenwart

@kassenwart

Ich halte es persönlich auch für aussichtslos. Niemand kann mehr in Frau Dr. Fuchs hineinschauen, was sie zwinkernd der Literatur und was dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen hat. Natürlich kann man unabhängig davon analysieren, welche Aussprüche sich wo in der Literatur wiederfinden. Nur welche Aussagekraft hat das? Vielleicht einfach nur interessant...

14.07.2020, 14:54:47

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duck313fuchs

@duck313fuchs

Die Zitatensammlung ist die donaldische Spielwiese des Bildungsbürgertums. Es ist befruchtend, bei der Lektüre von Comics auf Sprachelemente der klassischen Literatur zu stoßen. Genauso ist es fasziniernd, bei Lektüre der Klassiker den Sprachschatz von Entenhausen aufzufinden. Dadurch wird in beide Richtungen eine positive Lesestimmung erzeugt. Auch wurde die Akzeptanz der Übersetzungen von Frau Dr. Fuchs dadurch gefördert, dass dort viele klassische Zitate zu finden waren. Darauf hat sie auch selbst Wert gelegt. In diesem Sinne ist eine solche "Zitaten"sammlung sinnvoll. Was Frau Dr. Fuchs als Zitat verstanden haben wollte, hat sie jeweils selbst deutlich zum Ausdruck gebracht. Legte sie doch Daniel Düsentrieb ein Shakespeare-Zitat mit Fundstelle in den Mund. Ebenfalls äußerte Dagobert gegenüber Donald nach einem Zitat, dass das von Güethe sei. Ab und zu gab sie auch an..."wie ein Dichter" sagte... Wer nur die Texte von Frau Dr. Fuchs nach Übereinstimmungen mit Klassikern absucht, muß aber auch bedenken, dass man da nie auf der sicheren Seite sein kann, dass Frau Dr. Fuchs zitieren wollte. So behauotet sie doch steif und fest, dass sie das Zitat "Dem Ingenieur ist nichts zu schwör" zu Ehren ihres Mannes erfunden hat und dazu nicht durch das Ingenieurlied von Heinrich Seidel inspiriert wurde...

14.07.2020, 17:32:12

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paTrick

@patrick

Wie wunderbar! Genau solche Informationen möchte ich in der Datenbank sehen! Nur so macht es wirklich Sinn.

14.07.2020, 17:54:53

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