Ich nehme an, daß Bottaro Folien verwendet hatte, auf die er die Barks-Posen durchpauste. Anders hätte er wohl keine Spiegelungen zustande bringen können. Und gespiegelte Posen findet man bei ihm ja sehr häufig. Und er muß wohl auch mit Schablonen gearbeitet haben (wie das technisch geht, weiß ich nicht), denn wenn man mehrere Bottaro-Geschichten miteinander vergleicht, stellt man fest, daß er bestimmte Posen immer wieder verwendet hat. In "Onkel Dagobert und die teure Erbschaft" (LT 14) etwa wird eine bestimmte Dagobert-Pose fast gebetsmühlenartig wiederholt. Und das Format dürfte wohl dem von Barks entsprechen - wie man an den Gegenüberstellungen in diesem Thread ja leicht feststellen kann ...
Kopisten am Werk
Beppo
@beppo
> Und das Format dürfte wohl dem von Barks entsprechen - wie man an den Gegenüberstellungen in diesem Thread ja leicht feststellen kann ... Barks hat vergrößert gezeichnet, übrigens immer zwei Halbseiten (eine seltene Ausnahme findet man im Schlangenbeschwörer). Aber ich nehme nicht an, dass Bottaro Zugang zu diesem Format hatte. Könnte natürlich sein, dass Bottaro gleich in der Topolino-Winzgröße gearbeitet hat: (Topolino 131) Frage ans Phantom: Hat er Figuren wie Micky auch geklaut?
14.06.2019, 07:27:40
Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
@Beppo: Wie ich herausgefunden habe, hat auch Bottaro größer gezeichnet als das Druckformat. Dies sagt er in einem umfangreichen Interview aus dem Jahre 1982, abgedruckt im DD 57, S.3ff. Bei seinen Maus-Geschichten hat er sich ganz klar am Stil von Gottfredson orientiert. Ich denke aber, daß er die Micky- und Goofy-Posen freihändig gezeichnet hat. Doch bei den Nebenfiguren hat er auch hier zuweilen Anleihen bei Barks genommen: Kater Karlos Kumpel Ratze aus "Kampf um die Raumstation" (LT 90) beispielsweise ist eine Kopie des Barks'schen Professor Pomp. Dieses Beispiel wurde bereits in der Reihe "Original und Fälschung" (DD 81, S.25) präsentiert. Im übrigen wurde Bottaro seinerseits manchmal von anderen Zeichnern kopiert, wie die folgende Illustration zeigt:
15.06.2019, 06:58:48
Beppo
@beppo
Liebes Phantom, du hat mich neugierig gemacht. Das Jahr ist 1962 oder kurz davor. Ein schlecht bezahlter Mondadori-Schmierant baut 132 Barksfiguren in eine Geschichte ein. Dabei kann er drehen und spiegeln. Die Skalierung, in der er zeichnet, ist vermutlich anders als die Skalierung der Barksvorlagen. Wie hat er das gemacht? Ein geschickter Fotoamateur wie Gangolf Seitz von Donfot könnte natürlich die Barksposen abfotografieren und Papierbilder in der passenden Größe erstellen. Die könnte man dann am Zeichentisch durchpausen, gegebenenfalls auch gespiegelt. Nur wären die Unkosten vermutlich höher als das Honorar. Oder hat Bottaro am Fließband Dutzende von Geschichten mit immer den gleichen Posen produziert? Dann würde diese Methode vielleicht sogar betriebswirtschaftlich funktionieren. Ich kannte Jan Gulbransson schon schon vor seinen ersten Disneyarbeiten. Im Laufe der Jahre hat er zeichentechnisch viel experimentiert. Heute arbeitet er natürlich am Rechenknecht. Aber ich weiß nicht, ob er die Leichenfleddermethode von Bottaro total auf Papier überhaupt hingekriegt hätte.
15.06.2019, 16:24:13
Ostsibirischer Korjakenknacker
@ostsibirischer_korjakenknacker
Zum wiederholten Male sei dem Phantom hier Respekt ausgedrückt... großartige Arbeit!
15.06.2019, 18:31:28
Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Danke! Danke! @Beppo: Wie Bottaro technisch vorgegangen ist - keine Ahnung! Aber auf jeden Fall hat er seine Kopiermethoden im Lauf der Zeit gewechselt. In der Geschichte "Donald und die indianische Erbschaft" (LT 36) etwa, entstanden 1955, findet man ebenfalls diverse Barks-Kopien, die aber nicht durchgepaust, sondern freihändig abgezeichnet worden sind. In den 60er Jahren haben auch diverse andere Italo-Zeichner Barks-Kopien in ihren Geschichten verwendet, etwa Pier Lorenzo de Vita (allerdings wohl dosiert) oder Luciano Capitanio (ähnlich intensiv wie Bottaro, jedoch ohne Spiegelungen). Da muß es wohl standardisierte Kopierverfahren gegeben haben ...
15.06.2019, 19:23:53
Hr.Zeilinger
@hrzeilinger
ich habe jeden Tag die einzelnen Beiträge dieses Forums mit großem Interesse angesehen. Mir ist in den vergangenen Wochen bewußt geworden, warum ich die Geschichten der ersten etwa 70 LTB so gerne angesehen und gelesen habe.
15.06.2019, 19:54:12
Coolwater
@coolwater
Barks hat vergrößert gezeichnet, übrigens immer zwei Halbseiten (eine seltene Ausnahme findet man im Schlangenbeschwörer). Aber ich nehme nicht an, dass Bottaro Zugang zu diesem Format hatte. Könnte natürlich sein, dass Bottaro gleich in der Topolino-Winzgröße gearbeitet hat:
Hier … https://auktion.catawiki.de/kavels/22901121-topolino-131-bottaro-original-page-la-doppia-vigilia-di-erstausgabe-1956 … ist als Größe dieser Bottaro-Original-Seite angegeben: “cm 22 x 30,5".
15.06.2019, 22:14:29
Beppo
@beppo
Es gibt ja Menschen mit allen möglichen extremen Talenten. Einstein, Franz Beckenbauer, Regenmacher, Albert Henry DeSalvo, Bauchredner, Schlangenbeschwörer, das Schwarze Phantom. Manche werden reich, andere vergeuden ihre Lebenszeit mit ihren brotlosen Künsten. Ich glaube, Vicar hatte einen Barksomaten im Hirn, der es ihm ermöglichte, die Ducks in jeder Position exakt, aber seelenlos zu zeichnen. Don Rosa hingegen kann überhaupt nicht zeichnen. Seine Jünger schätzen ihn wegen anderer Qualitäten. > Wie Bottaro technisch vorgegangen ist - keine Ahnung! Aber auf jeden Fall hat er seine Kopiermethoden im Lauf der Zeit gewechselt. In der Geschichte "Donald und die indianische Erbschaft" (LT 36) etwa, entstanden 1955, findet man ebenfalls diverse Barks-Kopien, die aber nicht durchgepaust, sondern freihändig abgezeichnet worden sind. Das verblüfft mich. Ich hätte ja eher die umgekehrte Entwicklung von der hermetischen optischen Technik zur Handarbeit erwartet. Man lernt doch dazu, jedenfalls wenn man die Dreißig noch nicht überschritten hat. Konnte Bottaro 1955 auch im Kopf spiegeln oder hat es dazu nicht gereicht?
16.06.2019, 08:08:51
Das Schwarze Phantom OP
@das_schwarze_phantom
Das LTB 36 habe ich derzeit nicht im Zugriff - das müßte ich zu einem späteren Zeitpunkt analysieren. Aber es stimmt schon: Bottaro hat beim Kopieren eine Art Zickzackkurs gefahren. In den 50ern eher freihändiges Kopieren, Anfang der 60er Abpausen, um dann wieder zu einem freihändigeren Stil überzugehen. Hier Beispiele aus "Onkel Dagobert allein auf einer Insel" (LT 5) aus dem Jahre 1964, wo er die Barks'schen Vorlagen schon sehr verändert hat, etwa die Mimik: Und was Vicar betrifft: wenn er kopiert hat, ist das von Barks kaum unterscheidbar: Ganz anders Harry Gladstone (untere Reihe): seine Barks-Kopien sind ziemlich freihändig gezeichnet. Diese Geschichte findet man übrigens als Nachdruck im brandaktuellen TGDD 385 wieder.
16.06.2019, 16:18:11
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