Sprachvergleich

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Unterschiedliche Sprachen spielen doch nur beim Sprechen eine Rolle ... M. E. hat sie - inspiriert von CB - die anaversen Phaenomenologeme völlig sprachfrei empfangen und in Textform umgesetzt. ff

"Sprachfrei empfangen" - wie soll das gehen? "Sprache" ist nicht irgendein Idiom oder eine Einzelsprache, sondern ein komplexes Kommunikationssystem, das nicht unbedingt in wörtlicher Rede bestehen muss. Es können z.B. Bilder sein oder Töne oder Lichtsignale oder Bits und Bytes oder sonstwas, wie von Beppo beschrieben. Sprache muss aber vom Empfänger gelesen/verstanden werden, sonst bleibt sie bedeutungslos. Erika Fuchs verstand offenbar die Sprache Entenhausens und gab das, was sie verstand, an uns weiter, indem sie diese Signale in deutsche Texte übersetzte. Im Fall von Entenhausen müssen wir die Texte in den Sprech- und Denkblasen aber immer in Zusammenhang mit dem Bild sehen, als doppelte Codierung, so ähnlich wie im Film (aber davon verstehe ich nichts). Wenn man Text und Bild als Einheit betrachtet, finde ich z.B. die rabiate "Wehrmachtshelferin" wesentlich besser als die verharmloste "Kantinenwirtin". Mit der historischen dt. Wehrmacht hat das so wenig zu tun wie TT&T mit den Befreiungskriegen, wenn sie "Lützows wilde verwegene Jagd" singen.

26.08.2015, 19:01:43

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Mich erinnert das nicht an Philologie, sondern an den Messprozess in der Physik. Bewegt sich das Photon durch den linken oder den rechten Spalt? Hat das Metall die Kernladungszahl 79 oder 92?

Ach, die Herren Naturwissenschaftler! Können keine Strümpfe stricken, aber glauben, Erkenntnis lässt sich messen! Har har! Wenn man menschliche Sprache berechnen könnte, gäbe es längst ein Übersetzungsprogramm für literarische Texte. Gibt es aber nicht. Der Übersetzer übersetzt nämlich nicht das Wort oder den Satz, sondern das Gemeinte, die Idee dahinter, den Stil, die mitschwingenden Assoziationen und Emotionen, kulturelle und intertextuelle Bezüge, &c &c. Verachte mir nicht die Philologie! Sie kann weit mehr, als Mathematiker es sich in ihrer Schulweisheit träumen lassen. Aber, lieber Beppo, wir liegen gar nicht weit auseinander, was Erika Fuchs betrifft (vom Strümpfestricken rede ich jetzt nicht, aber falls wir uns mal persönlich begegnen, setz' lieber einen Helm auf, ich packe Blei in meine Handtasche). Ich würde sagen: Erika Fuchs "erkannte" Entenhausen, egal ob durch Messung und Empirie oder durch mediale Intuition. Ihre Erkenntnis gab sie uns in Form von Sprechblasentexten weiter, die sie hin und wieder korrigierte, so wie jeder Übersetzer immer wieder auf einen Satz oder einen Absatz starrt, ihn an vielen verschiedenen Kriterien misst und versucht, ihn genauer und treffender zu formulieren. Das kann man auch "messen" nennen, wenn du willst. Dein Beispiel: Im Fall des Sonderzuges finde ich "Uran" deutlich besser als "Gold". Es soll ja deutlich werden, dass dieser Zug etwas ganz besonders Wertvolles transportiert. Gold ist in Entenhausen fast schon langweilig, wir sehen es ständig in Dagoberts Geldspeicher. Aber Uran! das hat man nicht jeden Tag. "Ein Sonderzug mit Uran im Werte von 200 Millionen" ist wesentlich eindrucksvoller als "Ein Sonderzug mit Goldbarren im Werte von 100 Millionen". Das hat nichts mit dem Periodensystem zu tun, sondern mit den Bildern, die im Kopf des Lesers entstehen. Genau wie beim "Screaming cowboy", der in anderem kulturellen Zusammenhang problemlos zum "Schluchzenden Seemann" werden kann.

26.08.2015, 19:31:40

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Anonym

@~anonym~

Ich darf mich mal kurz einmischen. Als ich noch den Fröhlichen Landmann gespielt habe, hat man schon im Proseminar gelernt, daß man Texte ernstnehmen muß, so wie sie dastehen. Emendationen sind nur im äußersten Notfall erlaubt, und nur mit sehr guten Argumenten. Wenn Frl. Tuschel sich zu der Behauptung versteigt, es gebe „keine endgültige Textfassung“, Frau Fuchs vermittle prinzipiell lediglich eine „Idee“ des in Entenhausen gesprochenen Wortes, und zur Rettung ihrer absonderlichen Theorie von grausigen linguistischen Dingen wie „doppelter Codierung“ spricht, oder wenn FF vermutet, Frau Fuchs habe „anaverse Phaenomenologeme völlig sprachfrei empfangen“ (was man sich wohl so ähnlich wie die unbefleckte Empfängnis vorstellen muß), dann aber im gleichen Atemzug von „Übertragungsfehlern“ spricht, dann sollen mit diesen verweifelten Argumentationen (Beppo: in Entenhausen „kommuniziert (man) halt irgendwie“, mit Verweis auf die Deppentheologie der Quantenmechanik, wo alles „irgendwie“ geht, sapienti sat) offenbar vermeintliche Peinlichkeiten wie die reale Existenz von Wehrmachtshelferinnen in Entenhausen in Abrede gestellt werden. Aber Entenhausen ist ja alles andere als eine Insel der Glückseligen. Wo’s Makler gibt, da kann’s auch eine Wehrmacht geben. Denkt man FFs und Beppos Ausführungen zu Ende, dann ist jeder Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet. Wir können dann ja nicht einmal wissen, wie der kleine Herr im Matrosenanzug in einer Stadt, deren Namen uns unbekannt ist, wirklich heißt, denn eine Wirklichkeit im wirklichen Sinne gibt’s ja in Wirklichkeit gar nicht (Daß aber dort wie hier das Periodensystem das gleiche ist, steht merkwürdigerweise fest.) Von da aus ist es nur ein kleiner Schritt bis zu fürchterlichen Blasphemien, wie etwa der, daß Herr Barks sich die Bilder nur ausgedacht hat. Nein, nein: hier werden ganz offen häretische Ansichten vertreten, denen man aufs schärftste Einhalt gebieten muß. Und zwar nach bewährtem Muster: wer nach dreimaliger oder peremptorischer Ermahnung diesen Irrtümern nicht abschwört, wird mit dem Anathem belegt. Und dies ist die erste Ermahnung. - Basso

27.08.2015, 08:04:17

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Anonym

@~anonym~

Das Beispiel mit dem Uran ist ja eigenartig. Im Original transportiert der Zug Gold. Die Fuchssche Übersetzung macht daraus Uran. Aber aus irgendeinem Grund, wahrscheinlich wegen Atompolitik, wurde in der 1967er Ausgabe eine Zensur durchgeführt, und es wurde wieder mit Gold übersetzt. http://www.zensur-archiv.de/index.php?title=Comics#Donald\_Duck\_zu\_gewaltt.C3.A4tig.2C\_Deutschland\_1951.2F2009 Da fragt man sich, warum Fuchs überhaupt Gold durch Uran ausgetauscht hat. An der Übersetzung kann es nicht liegen, das englische Wort "gold" heißt auch im Deutschen "Gold". Im Gegensatz zu "Uran", dass auf Englisch "uranium" heißt, ich musste dass sogar erst nachschauen.

27.08.2015, 11:28:59

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Ostsibirischer Korjakenknacker

@ostsibirischer_korjakenknacker

Von Anathemata würde ich mich fernhalten, bester Basso. Da ist bisher nicht viel Gutes rausgekommen ...

27.08.2015, 18:42:43

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Theodora Tuschel

@theodora_tuschel

Ich versteige mich zu noch Schlimmerem. Wenn Carl Barks und Erika Fuchs „Medien“ sind, die Entenhausen unmittelbar erfahren und ihre Erkenntnis an uns weitergegeben haben, ist damit nicht gesagt, dass es nicht noch weitere solcher Medien geben kann. Zum Beispiel die dänische Übersetzerin Sonja Rindom Hilker, die in ihrem Heimatland einen ähnlichen Kultstatus genießt wie hier Erika Fuchs. Zwischen beiden Damen gibt es auffällige Parallelen: Sonja Rindom Hilker (1904-2004), übersetzte Duck-Geschichten von 1949 bis 1982. Erika Fuchs (1906-2005), übersetzte Duck-Geschichten von 1951 bis 1988. Zufall? Oder ein unübersehbarer Hinweis, dass das Phänomen der „Medien“ ein genaueres Hinsehen verdient? Gab es zeitgleich mehrere medial veranlagte Persönlichkeiten, die Einblick in die Welt Enthausens hatten? Sind Fuchs und Rindom vielleicht zwei zeitparallele Reinkarnationen eines Wesens mit einer früheren Existenz in Entenhausen? Nein, ich spinne nicht, und Esoterik ist nicht meine Sache. Aber Gedankenfreiheit darf auch unter Donaldisten gefordert werden. Was den Vorwurf der Häresie betrifft: Kopernikus, Galilei, Giordano Bruno, Karl Marx, der Graf Zeppelin ... alle hat man am Anfang für arme Irre erklärt.

27.08.2015, 18:59:27

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Anonym

@~anonym~

Etwa noch eine Übersetzerin mit langer Lebenserwartung? Das in Entenhausen die Bewohner nicht oder nur sehr langsam altern, ist ja bekannt. Aber dass Carl Barks und Erika Fuchs so lange lebten, hat mich auf die Idee gebracht, ob der Kontakt mit den Berichten auf beide abgefärbt hat. Jetzt lese ich, dass Hilker auch Übersetzerin ist und 100 Jahre alt wurde. Kennt jemand von euch die Lebensdaten der anderen Übersetzer der Barksberichte?

27.08.2015, 21:23:33

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Beppo

@beppo

> Von Anathemata würde ich mich fernhalten, bester Basso. Da ist bisher nicht viel Gutes rausgekommen ... Ja, da bist du ganz der Utilarist, lieber Knacki. Ich hoffe, wenigstens du weißt es zu würdigen, welch verzweifelte Anstrengungen wir unternehmen, um unseren Kinderglauben zu retten. Küng ist nichts gegen uns.

28.08.2015, 05:30:00

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